Eine Welt, in der sich Menschen auf die Normen, Werte, Ideale und Ziele besinnen, die sie verbinden – das ist die Vision des Weltethos-Instituts an der Universität Tübingen. Euphorisch zeigten sich die Gastreferentinnen und -referenten Mitte Dezember bei der Diskussionsrunde „The future of debate culture” im Rahmen des vom TUM Campus Heilbronn organisierten Blockseminars „Ethical and moral aspects of intercultural corporate management”: „Wir lernen durch das Seminar genauso viel wie die Studierenden, vielleicht sogar noch mehr“, sagt Dr. Bernd Villhauer, Geschäftsführer des Instituts, bei der Veranstaltung im Heilbronner Insel-Hotel.

Anna Tomfeah, Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, führt weiter aus: „An der TUM herrscht Globalität im kleinen Raum.“ Dadurch werde greifbar, was es bedeutet, fair und nachhaltig zu wirtschaften. Und auch Dr. Friedrich Glauner, Permanent Fellow im Bereich Forschung, ist begeistert: „25 Menschen aus sehr unterschiedlichen Ländern und Kulturen, die wahrnehmen, dass wir in ganz großen Veränderungssituationen leben, diskutieren hier, wie wir verantwortlich mit den Gegebenheiten umgehen.“

Die Macht verschiebt sich

Miteinander diskutieren – das scheint bitter notwendig in Zeiten, in denen sich immer mehr Menschen lautstark Gehör verschaffen, aber gleichzeitig viele die Meinungsfreiheit durch übertriebene politische Korrektheit bedroht sehen. Eine Machtverschiebung sei zu beobachten, sagt Tomfeah: Den öffentlichen Diskurs bestimmten jahrhundertelang politische und wirtschaftlichen Eliten sowie klassische Medienorgane. Im digitalen Zeitalter gelte das nicht mehr: In der Wirtschaft werden Mitarbeitende und Kunden zu Mitkommunikatoren, in den Medien sehen sich Zeitungen durch Blogger und YouTuber herausgefordert, Politik und Wissenschaft durch alternative Gegenöffentlichkeiten. Eine Folge: „Manche, die reden dürfen, übersteuern und wollen ihre Stimme überall oder besonders laut hören. Viele sind vom Anspruch durchdrängt, Meinung geben zu dürfen. Dabei lernt man oft mehr durch Zuhören.“

Die veränderten Machtverhältnisse zeigen sich auch in Kunst und Wissenschaft: „Ein Stück zu spielen und einem Publikum zu präsentieren, wird von vielen Kreisen interpretiert als dozieren von oben herunter mit einer Herrschaftsgeste. Das schränkt uns ein in der Ausübung einer ästhetischen Praxis“, berichtet etwa Dr. Mjriam Meuser von ihren Erfahrungen als Chefdramaturgin des Theaters Heilbronn. „Damit viele Menschen ein nachhaltiges Interesse an wissenschaftlichen Themen entwickeln und Vertrauen in Forschung gestärkt wird, benötigen wir mehr als eine reine Vermittlung von Wissen. Diese Herausforderung birgt aber viele Chancen“, sagt Dr. Daniel Thorpe, Abteilungsleiter Science Dome & Sternwarte an der Heilbronner „experimenta“.

Geduld mit uns selbst haben

„Wie können wir ein Umfeld schaffen, in dem die Menschen verstehen, dass wir den größten Teil der Realität nicht begreifen, aber dass wir auf eine positive Art und Weise miteinander umgehen müssen?“, stellt Glauner die Gretchenfrage. „Wir müssen die Menschen – die Kinder bereits – neugierig machen und dürfen ihnen nicht das Gefühl geben, sie hätten es mit einem Feind zu tun“, fordert Villhauer. Tomfeah sieht es ähnlich: „Wenn wir miteinander in Kontakt bleiben wollen, müssen wir uns damit befassen, was die Neugierde im Keim erstickt.“

Am Ende gibt es versöhnliche Töne: „Wir sollten Geduld mit uns selbst haben, wenn wir nicht immer schnelle Lösungen finden“, sagt Villhauer. Geduldig zu bleiben und zu akzeptieren, dass die eigene Weltsicht nicht die einzig richtige ist – das haben die Teilnehmenden am Blockseminar offensichtlich verinnerlicht. Das zeigt auch das Statement einer chinesischen Studentin: „Das Wertvollste, was mir der Kurs vermittelt hat, ist, nicht mehr egozentrisch zu sein.“

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