In einer Zeit sich wandelnder politischer Realitäten haben niedergelassene Ärzte in Deutschland einen klaren Schritt unternommen, um auf die aktuellen Herausforderungen im Gesundheitswesen aufmerksam zu machen. Besonders im Fokus steht Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und die Konflikte im Zusammenhang mit Kassenzulassungen. Als Antwort auf diese Problematik haben die Ärzte verstärkte Selbstzahlerleistungen in Betracht gezogen.

Der Virchowbund, eine bedeutende Vereinigung niedergelassener Ärzte, hat diese Entscheidung in einem Leitantrag für ihre bevorstehende Bundeshauptversammlung klar formuliert. Unter dem Leitmotiv "Aktives Handeln unter einer destruktiven Gesundheitspolitik" sehen sich die Ärzte der dringenden Herausforderung gegenüber, ihr Praxisangebot an die sich rasch verändernden politischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten anzupassen.

Da politische Unterstützung ausbleibt und die wirtschaftlichen Bedingungen für freipraktizierende Ärzte sich verschlechtern, plant der Virchowbund seine Mitglieder bei der Anpassung von Organisation und Leistungsangebot zu unterstützen. Dies beinhaltet verstärkten Einsatz von Telemedizin, Videosprechstunden und sinnvoller Digitalisierung im Gesundheitswesen. Gleichzeitig wird angestrebt, private Einnahmen und Selbstzahlerleistungen zu erhöhen. Der Verband appelliert zudem an die regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen, ihre Honorarverteilungsmaßstäbe flächendeckend an das vorhandene Budget anzupassen.

Die Situation in der ambulanten Versorgung wird als äußerst herausfordernd beschrieben. Steigende Kosten für Energie, Miete und die Gehälter der Medizinischen Fachangestellten (MFA) verschärfen die wirtschaftlichen Bedingungen. Zusätzlich bleibt die versprochene Entbudgetierung aus, und niedrige Honorarabschlüsse in der Vergangenheit haben einen erheblichen Nachholbedarf in den Praxen geschaffen. Die Abschaffung der Neupatientenregelung bedeutet erstmals seit Jahren einen realen Verlust von Einnahmen für das ambulante Gesundheitssystem. Die dringend benötigte Reform der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) wird weiterhin vom Bundesgesundheitsminister abgelehnt. Dies geht einher mit einem akuten Fachkräftemangel und den Auswirkungen einer unzureichenden Digitalisierungsstrategie. Das Resultat ist ein Anstieg vorzeitiger Praxisaufgaben, die Veräußerung von Praxen an große medizinische Ketten und Investoren sowie ein wachsender Rückzug aus dem Beruf.

Ein weiterer Antrag richtet sich gegen die Etablierung von Gesundheitskiosken und kommunalen Primärversorgungszentren. Während fachärztliche Versorgung zunehmend in Krankenhäusern stattfindet, plant die Politik die Primärversorgung durch Gemeindeschwestern und einen Restbestand an Hausärzten. Der Virchowbund fordert von der Politik mehr Transparenz in Bezug auf die Auswirkungen dieses Umbaus im Gesundheitswesen auf die Patienten, darunter eine Reduzierung der verfügbaren medizinischen Versorgung, längere Wartezeiten und eine Verschärfung der Wartelistenmedizin.

Weitere Leitanträge rufen zur Entbudgetierung, einem Neustart in der Digitalisierung und einem Fremdbesitzverbot für Medizinische Versorgungszentren (MVZ) auf.

Die niedergelassenen Ärzte in Deutschland betonen die Notwendigkeit von drastischen Maßnahmen und Veränderungen in der Gesundheitspolitik, um eine hochwertige medizinische Versorgung aufrechtzuerhalten und den Bedürfnissen der Patienten gerecht zu werden. Der Virchowbund und die gesamte Ärzteschaft erwarten von der Politik eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den aufgezeigten Herausforderungen und hoffen auf konstruktive Schritte zur Verbesserung der Situation.

Von Engin Günder, Fachjournalist

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