Forscher der Hochschule Kaiserslautern untersuchen Ursprung und Evolution des Lebens auf der Erde. Sie wollen herauszufinden, ob und wie Leben außerhalb der Erde existieren könnte. Diese interdisziplinäre Forschungsrichtung wird als „Astrobiologie“ bezeichnet.

Mit zwei internationalen Veröffentlichungen im Fachjournal „Frontiers in Astronomy and Space Sciences“ hat die Hochschule Kaiserslautern aktuell auf sich aufmerksam gemacht. Darin beschreiben Dr. rer. nat. Michael Lakatos und Dr. rer. nat. Patrick Jung vom Standort Pirmasens die mögliche Adaptierung von Leben an sehr unwirtlichen Orten. Und zwar sowohl auf der Erde als auch im Weltall. Sie untersuchen, wie diese extremophilen Organismen genutzt werden können.

Die Arbeitsgruppe „Integrative Biotechnologie“ um Lakatos und Jung arbeitet an Mikroorganismen, die in extremen Lebensräumen überleben. Diese Mikroorganismen weisen häufig außergewöhnliche Eigenschaften auf, die in der Biotechnologie oder Pharmazie als Wert- und Wirkstoffe gefragt sind. Auf der Suche nach neuen Organismen reisen die Forscher aus Pirmasens an unwirtliche Lebensräume wie Wüsten oder Höhlen. Dort isolieren sie Mikroorganismen, die sich beispielsweise an Trockenheit oder wenig Licht angepasst haben. Die isolierten Organismen werden charakterisiert und auf ihr biotechnologisches Potential hin erforscht.

Vor allem haben die beiden Wissenschaftler dabei Flechten, Algen und Cyanobakterien im Blick. Cyanobakterien – früher Blaualgen genannt – sind Bakterien, welche die oxygene Fotosynthese vor 3,5 Milliarden Jahren entwickelt haben. Sie produzieren aus Licht, Wasser und CO2 den lebensnotwendigen Zucker und Sauerstoff. Mit dieser Fotosynthese haben Cyanobakterien nicht nur die Sauerstoffatmosphäre der Erde geformt, sondern auch die Grundlage allen pflanzlichen Lebens gelegt. „Unsere Forschung beschäftigt sich mit austrocknungstoleranten Organismen aus Extremstandorten. Zuletzt wurde ich auf internationalen Fachtagungen immer wieder darauf angesprochen, ob denn unsere Erkenntnisse nicht auch relevant für die Astrobiologie sein könnten“, sagt Jung. Von dieser Fragestellung beseelt, beleuchtet nun das Team der Hochschule Kaiserslautern zusammen mit verschiedenen internationalen Forschern aus den renommierten Institutionen Astroland Agency (Spanien), Freie Universität Berlin, Corporación Nacional Forestal (Chile), Universität Graz (Österreich), Philipps-Universität Marburg, Ludwig-Maximilian-Universität München, Universität Neuchâtel ( Schweiz), Universität Santiago (Chile), Universität Tübingen und Universität Verona (Italien) in gleich zwei Fachpublikationen mögliche Anwendungen dieser extremophilen Organismen auf anderen Planeten.

Einer der Artikel behandelt die Nutzung einer von Jung erst kürzlich entdeckten Lebensgemeinschaft aus winzigen Flechten, Grünalgen, Cyanobakterien und Pilzen. Diese bedeckt quadratkilometerweise den steinigen Boden der küstennahen Atacama-Wüste in Chile und Peru. Die sogenannte „Grit Crust“-Lebensgemeinschaft eignet sich als neues und spannendes Modell zur Erforschung früher Lebensformen. Unter Umständen könnte man diese auf anderen Planeten ansiedeln und ihr partnerschaftliches Zusammenwirken nutzen. Denn sie existiert in einer Landschaft, der man immer wieder Bedingungen attestiert, die auch auf dem Mars herrschen. Der zweite Artikel fokussiert hingegen nicht auf wüstentypische Trockenheit und starke UV-Strahlung, sondern auf sehr wenig Sonnenschein. Besonders in Höhlen erschwert mangelndes Licht das Überleben von Bakterien und Co. Andererseits taugen die zahlreichen Höhlensysteme auf dem Mars und anderen planetaren Gesteinskörpern als Schutz für Menschen. Sie überleben nur in vor Strahlung und starken Temperaturschwankungen geschützten Bereichen.

Für die Kolonisierung anderer Planeten können außerdem nur einfachste Ressourcen, die optimalerweise regenerativ sind, genutzt werden – und auch sie nur in geringstmöglichen Mengen. Eine denkbare Lösung: In den Grotten liefern Schwachlicht-adaptierte Mikroorganismen durch biotechnologische Verfahren kontinuierlich verschiedenste, ressourcenschonende Produkte wie z.B. Lebensmittel oder sogar Bausubstanzen. Genau solche Cyanobakterien haben die Forscher der Hochschule Kaiserslautern nun zusammen mit Kollegen aus Deutschland, Italien und Spanien gefunden. In ihrem neuen Artikel beschreiben die Forschenden die zahlreichen Einsatzmöglichkeiten dieser spezielleren Cyanobakterien im Kontext der Astrobiologie.

Einige der gefundenen Arten bilden z.B. Hüllen aus Kalziumkarbonat. Damit lässt sich Beton herstellen. Eben diese Höhlenbakterien produzieren auch Bioplastik-Komponenten. „Wir hoffen, dass wir mit der Einführung dieser neuen Modelle, also der Grit Crust der Atacama Wüste und den Höhlencyanobakterien, neue Impulse für die Astrobiologie geben können. Gerade jetzt, wo das einzigartige James Webb Teleskop und die neuen Rover auf dem Mars unsere Wissen über das Universums ständig erweitern,“ so Jung.

 

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