Dies geht aus den monatlichen Erhebungen zum Logistik-Indikator hervor, die das ifo Institut im Auftrag der Bundesvereinigung Logistik e.V. (BVL) im Rahmen seiner Konjunkturumfragen durchführt. Die Geschäftslage wurde noch häufig günstig beurteilt, dies aber seltener als zuletzt. Die Geschäftsaussichten hingegen trübten sich weiter ein, kaum mehr Firmen blickten zuversichtlich auf das kommende halbe Jahr.
Bei den Logistikdienstleistern nahm die Zufriedenheit mit der Geschäftslage merklich ab. Daraus ergab sich auch für das Geschäftsklima ein Rückgang im vierten Quartal. Die Geschäftserwartungen waren nur noch mancherorts von Zuversicht geprägt. Die Personalpläne wurden hingegen etwas nach oben korrigiert. Zudem fasste eine deutliche Mehrheit der Unternehmen Preiserhöhungen ins Auge.
In Handel und Industrie machte sich zunehmend Skepsis im Hinblick auf die Geschäftsperspektiven breit. Die Probleme bei der Beschaffung von Vorprodukten und Rohstoffen ließen die Industrie nicht los − auch der Handel klagte nun vermehrt über Lieferschwierigkeiten. Vor diesem Hintergrund nahmen die positiven Urteile zur Geschäftslage spürbar ab. Der Lagerbestand blieb auf branchenspezifisch zu niedrigem Niveau. Das Geschäftsklima kühlte sich weiter ab.
Insgesamt erholte sich die deutsche Wirtschaft im Sommerhalbjahr zunehmend von der Coronakrise. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg im dritten Quartal 2021 – preis-, saisonund kalenderbereinigt – um 1,7% gegenüber dem zweiten Quartal, in dem der Anstieg mit 2,0% noch etwas kräftiger war. Damit lag die Wirtschaftsleistung im Herbst 2021 immer noch um 1,1% unter ihrem Vorkrisenniveau vom vierten Quartal 2019.
Mit Blick auf die einzelnen Wirtschaftsbereiche zeichnete sich ein zweigeteiltes Bild ab: Während sich insbesondere in den kontaktintensiven Dienstleistungsbereichen die Geschäfte kräftig belebten, litt die Industrie unter Engpässen bei der Lieferung von Vorprodukten. Im November gaben 75% der vom ifo Institut befragten Industrieunternehmen an, dass deshalb ihre Produktion nicht im Einklang mit der kräftigen Nachfrage gesteigert werden konnte. In manchen Bereichen waren die Engpässe derart ausgeprägt, dass die Produktion sogar gedrosselt wurde. Schätzungen des ifo Instituts zufolge summieren sich seit Jahresbeginn die durch Lieferengpässe ausgelösten Wertschöpfungsverluste in der deutschen Industrie auf knapp 40 Milliarden Euro. Das entspricht gut einem Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung Deutschlands in einem Jahr. Mit zunehmenden Lieferproblemen hatte auch der Handel zu kämpfen. Zuletzt klagten knapp 80% der vom ifo Institut befragten Groß- und Einzelhändler über Schwierigkeiten. Mit einer Entspannung der Situation dürfte der Umfrage zufolge sowohl im Handel als auch in der Industrie nicht vor Sommer 2022 gerechnet werden.
Neben der eingeschränkten Verfügbarkeit von Vorprodukten belasteten die Unternehmen auch ihre stark gestiegenen Preise. Daten des Statistischen Bundesamts zufolge legten die Einfuhrpreise von Vorprodukten seit Jahresbeginn um knapp 20% zu, jene von Energieprodukten verdoppelten sich sogar im selben Zeitraum. Dieser Kostenanstieg schlug sich auch in den Preisplanungen der Logistikbranche nieder, wo deutlich häufiger als noch im Vorquartal Steigerungen angestrebt wurden.
Die Kurzarbeit nahm nach Schätzungen des ifo Instituts im November erstmals seit dem Frühjahr wieder zu, und zwar von 598.000 auf 608.000 Beschäftigte. Ausschlaggebend für diesen Anstieg war die Industrie, wo aufgrund der Lieferengpässe vermehrt Kurzarbeit angemeldet wurde. Aber auch im Gastgewerbe kam es zu einer erneuten Zunahme. Hier dürften sich bereits die ersten Folgen des sich im Herbst zuspitzenden Infektionsgeschehens bemerkbar gemacht haben.
Mittlerweile befindet sich Deutschland inmitten der vierten Coronawelle, die ihre Spuren vor allem beim Einzelhandel, dem Gastgewerbe und anderen kontaktintensiven Dienstleistern hinterlassen dürfte. Im Winterhalbjahr 2021/2022 wird die deutsche Wirtschaft daher wohl kaum mehr wachsen. Die Industrie dürfte als Konjunkturmotor weiterhin ausfallen, da eine Trendwende bei den Lieferengpässen kurzfristig noch nicht in Sicht ist. Insgesamt bleibt die konjunkturelle Situation damit nach wie vor stark von den Entwicklungen rund um die Corona- Pandemie beeinflusst.
Der Logistik-Indikator wird vom ifo Institut im Auftrag der Bundesvereinigung Logistik e.V. berechnet. Er geht aus den monatlichen Konjunkturumfragen für den Zeitraum ab 2015 hervor. Zur Ermittlung des Indikators werden mehr als 4.000 Antworten von Anbietern von Logistikleistungen (60% Güterverkehr (ohne Luftfracht); 40% Speditionen und Logistik) bzw. von Unternehmen aus den Bereichen des Verarbeitenden Gewerbes (66%) und des Handels (Großhandel: 17%; Einzelhandel: 17%) als Anwender von Logistikleistungen herangezogen. Der Gesamtindikator wird zu gleichen Teilen aus den Ergebnissen der Anbieter und der Anwender berechnet. Das Fragendesign zielt auf die konjunkturelle Beurteilung der aktuellen Geschäftssituation, den Entwicklungen in den letzten Monaten und den Erwartungen in den kommenden Monaten ab. In der Regel stehen den Befragungsteilnehmern je Frage drei Antwortalternativen zur Wahl, die sich jeweils als positiv-expansiv, durchschnittlich-neutral und negativ-kontraktiv kennzeichnen lassen. Aus den Prozentanteilen positiv-expansiver und negativ-kontraktiver Antworten wird ein Saldo gebildet. Entsprechend kann der Saldo Werte zwischen -100 (alle Unternehmen haben eine negativ-kontraktive Antwort gegeben) und +100 (alle Unternehmen haben eine positiv-expansive Antwort gegeben) annehmen. Bei einem Saldenwert von 0 halten sich negative und positive Antworten die Waage. Sämtliche Fragen beziehen sich auf eine jahreszeitlich übliche Einschätzung. Zusätzlich werden alle berichteten Zahlen mit einem statistischen Standardverfahren zur Saisonbereinigung (X13-ARIMASEATS) von dem verbleibenden saisonalen Muster bereinigt. Zur Berechnung der Indexwerte des Geschäftsklimas und der beiden Komponenten Geschäftslage und Erwartungen werden die Salden jeweils um 200 erhöht und auf den Durchschnitt eines Basisjahres (derzeit 2015) normiert.
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