Spezielle Offroad-Reifen wie All Terrain (AT) oder Rugged Terrain (RT) eignen sich nur wenig für die Straße. Selbst auf losem Untergrund zeigen die Pneus wenig Vorteile. Das sind unter anderem die Ergebnisse des aktuellen Reifentests der Schweizer Fachzeitschrift auto-illustrierte. Die groben Stollen verursachen auf Asphalt einen deutlich längeren Bremsweg als die Profile herkömmlicher Reifen – auf trockener wie auf nasser Fahrbahn. Die Probanden auf dem Goodyear-Testgelände in Mireval: der Sommerreifen EfficientGrip 2 SUV, der Ganzjahresreifen Vector 4Seasons Gen-3, der AT-Reifen Wrangler Adventure AT und der RT-Reifen Wrangler Duratrac RT– alle aus dem Hause Goodyear und in der Dimension 265/60 R18. Mit auf der Teststrecke und abseits auf unsicherem Terrain: die Sicherheitsspezialisten von TÜV SÜD.

„Offroad-Reifen wie AT oder RT eignen sich nur bedingt für den Einsatz auf der normalen Straße, sowie als Regelbereifung für den Alltag und für die Langstrecke gibt es auch Besseres“, sagt Michael Stamm von TÜV SÜD. Die Gründe: langer Bremsweg, hoher Rollwiderstand, Mehrverbrauch und lautes Innengeräusch. Die auf dem Reifenlabel vermerkten Parameter sind für den RT-Reifen auch gar nicht vorgesehen. Professional Offroad-Reifen (POR) fallen nicht unter die Typ-Genehmigung ECE 117, müssen nur einen Schnelllauftest bestehen und werden hinsichtlich der anderen Werte nicht untersucht. “Kurzes Resümee vorab: Wenn SUV-Fahrer die Offroad-Reifen für das ultimative Must-have in Sachen Style halten, müssen sie sich stets bewusst sein, mit einem Minus an Sicherheit unterwegs zu sein, und die Fahrweise entsprechend anpassen“, so der Hinweis von Reifenexperte Stamm.

Zu den Testergebnissen: Los geht es mit dem Bremsen. Beim Test auf trockener Fahrbahn von 100 auf null Stundenkilometer hängen die herkömmlichen Reifen die Wald-und-Wiesen-Varianten deutlich ab. Sie bringen das Testfahrzeug – einen Jeep Grand Cherokee 4XE mit einer Systemleistung von 380 PS – nach 36,4 Metern (EfficientGrip) und 40,4 Metern (Vector 4Seasons) zum Stehen; die Masse von 2.678 Kilo (inkl. Sprit und Fahrer) schiebt den Wagen auf den RT-Reifen bei dieser Distanz noch mit 47 Sachen zehn Meter weiter als auf Sommerreifen. Knappe 43 Meter braucht der AT-Reifen.

Beim Nassbremsen zeigen die Standardreifen ähnlich gute Ergebnisse. Die groben Kollegen wechseln die Position. Auf nasser Fahrbahn kommt der RT-Reifen bei 50,4 Metern zum Stehen, auf AT-Reifen zeigt die Tachonadel des Jeeps nach 53 Metern erst null.

Zurück zum Gewicht: Offroad-Reifen wiegen schwer. Extra robuste Flanken und hohe Stollen schlagen beim Wrangler RT mit knapp 30 Kilo zu. „Die zusätzlichen Kilos bleiben nicht ohne Auswirkungen auf die Testergebnisse, beim Bremsen genauso wie bei Verbrauch und Geräuschpegel“, sagt Stamm.  

Na dann werden Offroad-Reifen wenigstens abseits des Asphalts Wirkung zeigen? Weit gefehlt… Beim Systemvergleich zwischen herkömmlichen für die Straße konzipierten Reifen und den Offroad-Varianten müssen natürlich alle noch ins Gelände auf Schotter und losen Untergrund. Die Disziplinen: Beschleunigen auf 30 Stundenkilometer, Bremsen von 40 Sachen auf null und Anfahren am Berg mit 32 Prozent Steigung auf einer Länge von 120 Metern. Die Ergebnisse: Zum Beschleunigen braucht der Sommerreifen knapp 16 Meter, der Allwetterreifen 14,6 Meter, der AT 14,1 Meter und der RT 14,4 Meter – Vorteile also kaum. Aber dann bestimmt Punkte beim Bremsen! Gleiche Reihenfolge: Der Sommerreifen braucht von 40 Stundenkilometern bis zum Stillstand 14 Meter, der Ganzjahresreifen 13,6 Meter, der AllTerrain 11,7 Meter und der ohne Reifenlabel: 14,4 Meter. Anfahren am Berg? Ja klar geht das mit grobem Profil besser! Sommerreifen: gequälte 32,1 Sekunden. Allwetterreifen: 25,7 Sekunden. All-Terrain: unbeeindruckende 22,2 Sekunden. Rugged Terrain: 24,8 Sekunden. Stamm ergänzt: „Die Zahlen suggerieren vielleicht nur geringe Differenzen, die spürbaren Unterschiede in Traktion und Vortrieb waren jedoch deutlich.“

Auf wen zielen dann solche Reifen eigentlich ab? Experteneinschätzung: Der All Terrain Reifen Goodyear Wrangler Adventure ist sicher gut geeignet, um etwa einen Pferdeanhänger über eine Wiese oder auch mal durch matschigen Untergrund zu ziehen. Dort hat er bei Traktion und auch beim Bremsen im Test die Nase vorn. Auf der Straße hingegen, zeigt er in diesem Vergleich gerade beim Bremsen bedenklich schlechte Ergebnisse.

„Der Wrangler Duratrac RT zeigt eigentlich keine guten Ergebnisse – zumindest, was die Testparameter anbelangt. Doch: Beim Aquaplaning schwimmt er erst bei knapp 100 Sachen auf. Durch die groben Stollen und die hohe Profiltiefe wird das Wasser besser verdrängt. Dank seines sehr robusten Aufbaus muss man sich um gefährliche Seitenwandeinschnitte weniger Sorgen machen. Dieser Reifen spielt seine Vorteile erst im harten Offroad-Einsatz aus, dafür wurde er ja auch gebaut.

Der Ganzjahresreifen zeigt selbst auf unsicherem Terrain erstaunlich gute Ergebnisse und der Sommerreifen? „Der bringt hervorragende Resultate auf der Straße. Beim Bremsen, beim Nass- und Trockenhandling, beim Rollwiderstand und beim Innengeräusch. Fährt man damit doch einmal ins gröbere Gelände ist die Gefahr, sich die Seitenwand zu beschädigen jedoch deutlich größer“, antwortet Stamm.

TÜV SÜD betreibt in Garching bei München das größte unabhängige Reifen-/Räder-Labor seiner Art in Europa. Die Experten sind hier seit vielen Jahren der kompetente Partner der Reifen- und Fahrzeugindustrie, wenn es um Reifen und Räder geht. 

Die ausführlichen Ergebnisse des Reifentests stehen in der August-Ausgabe der auto-illustrierte oder auf auto-illustrierte.ch.

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Im Jahr 1866 als Dampfkesselrevisionsverein gegründet, ist TÜV SÜD heute ein weltweit tätiges Unternehmen. Rund 28.000 Mitarbeitende sorgen an über 1.000 Standorten in rund 50 Ländern für die Optimierung von Technik, Systemen und Know-how. Sie leisten einen wesentlichen Beitrag dazu, technische Innovationen wie Industrie 4.0, autonomes Fahren oder Erneuerbare Energien sicher und zuverlässig zu machen. tuvsud.com/de

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