Mit der 2021 veröffentlichten Durchführungsverordnung (EU) 2021/2226 zur Medizinprodukteverordnung (MDR) wurde eine Chance verpasst, Gebrauchsanweisungen für Medizinprodukte vollständig zu digitalisieren. Bis auf die Tatsache, dass der Geltungsbereich auf Software ausgeweitet wurde, änderte sich am Status quo für physische Medizinprodukte nichts: Für den Großteil der Produkte bleibt seither die gedruckte Gebrauchsanweisung auch im professionellen Umfeld Pflicht. Ein Umstand, mit dem sich MedicalMountains und der Deutsche Industrieverband SPECTARIS nicht abfinden möchten – im Einklang mit Unternehmen und Anwendern, wie zwei Umfragen aus 2021 und 2023 ergaben. „Es ist unverständlich, warum das stets propagierte Digitalisierungsgebot ausgerechnet in einem Bereich ausgebremst wird, wo es einen umfassenden Nutzen entfalten kann“: In einem gemeinsamen Positionspapier appellieren nun MedicalMountains und SPECTARIS einmal mehr, der Nutzung elektronischer Gebrauchsanweisungen (eIFU) deutlich mehr Spielraum zu geben.
Die im Juli 2023 veröffentlichten Umfrage-Ergebnisse unter Medizinprodukte-Herstellern zeigen, dass 76 Prozent von ihnen einen erweiterten Rechtsrahmen zur Bereitstellung elektronischer Gebrauchsanweisungen für alle Medizinprodukte als wichtig und nützlich bewerten. Bei der Befragung von Anwendern aus der Gesundheitsbranche wie z.B. Ärzte und Pflegepersonal sprachen sich sogar 80 Prozent dafür aus. „Die bessere Verfügbarkeit in den Gesundheitseinrichtungen – durchsuchbar und abrufbar in verschiedenen Sprachen, die höhere Nutzerfreundlichkeit, aktuellste Produktinformationen sowie hygienische Aspekte sprechen klar für eine eIFU“, fasst Dr. Martin Leonhard, Vorsitzender Medizintechnik bei SPECTARIS zusammen.
Ein weiteres und im wahrsten Sinne gewichtiges Argument ist der Ressourcenschutz. „Durch die Umstellung auf eIFUs können je nach Unternehmen bis zu mehrere tausend Tonnen Papier pro Jahr eingespart werden“, erinnert MedicalMountains-Geschäftsführerin Julia Steckeler. Das sei ganz im Sinne des Green Deals der EU – und ebenso der angekündigten Initiativen zu Digitalisierung und Bürokratieabbau. „Die eIFU bietet eine sofortige Möglichkeit, Abläufe zu vereinfachen und zu verbessern, ohne Sicherheitsstandards zu senken. Im Gegenteil, die Produktsicherheit und der Patientenschutz werden erhöht“, betont Julia Steckeler. „Zudem tragen eIFU zur erfolgreichen Umsetzung der europäischen Medizinprodukteverordnung (MDR) bei und verbessern somit die Effizienz des Systems.“
Der gemeinsame Appell an die Politik fällt entsprechend aus. „Es ist dringend erforderlich, kurzfristig eine gesetzliche Grundlage in der EU zu schaffen, mit der die Bereitstellung von eIFUs für professionelle Anwender grundsätzlich erlaubt wird“, mahnen MedicalMountains und SPECTARIS an, das Thema prioritär zu behandeln. „Eine Umsetzung sowohl von gesetzgeberischer Seite als auch durch die Unternehmen kann schnell und mit vergleichsweise geringem Ressourceneinsatz vorgenommen werden und dabei umfangreiche positive Effekte bewirken.“
Das Positionspapier kann hierkostenfrei bezogen werden.
Die MedicalMountains GmbH vernetzt und unterstützt alle Akteure der Medizintechnikbranche und vertritt deren Interessen auf Bundes-, Landes- und europäischer Ebene. Die Organisation mit Sitz in Tuttlingen (Baden-Württemberg) fördert den Dialog, verbindet Stärken und schafft Plattformen für den Austausch. Durch strategische und systematische Abstimmungen werden Kooperationen und Synergien ermöglicht: Die Zusammenarbeit von und mit regionalen, nationalen und internationalen Partnern liefert vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen einen wichtigen Wissens- und Technikvorsprung.
SPECTARIS ist der Deutsche Industrieverband für Optik, Photonik, Analysen- und Medizintechnik mit Sitz in Berlin. Der Verband vertritt 400 überwiegend mittelständische deutsche Unternehmen. Der Fachverband Medizintechnik im Deutschen Industrieverband SPECTARIS vertritt rund 130 vorwiegend mittelständische Mitgliedsunternehmen. Diese sind innovative Hersteller von Medizinprodukten und Medizintechnik sowie qualitätsorientierte nichtärztliche Leistungserbringer aus dem Bereich der respiratorischen Heimtherapie. 2021 erwirtschaftete die deutsche Medizintechnikindustrie einen weltweiten Umsatz in Höhe von 36,4 Milliarden Euro.
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