Der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) e. V. fordert eine Verlängerung der Regelung über individuelle Netzentgelte (§118 Abs. 46 EnWG) für das Jahr 2023. Diese ermöglichte es vielen Unternehmen im letzten Jahr ihre Produktion herunterzufahren und Energie einzusparen, ohne dabei ihre individuellen Netzentgelte zu verlieren. Ohne eine Verlängerung dieser Maßnahme wird das Hochfahren der Industrieproduktion gefährdet.
Im letzten Jahr mussten viele Industrieunternehmen aufgrund der drohenden Gasmangellage sowie der hohen Preise für Erdgas, Strom und Rohstoffe ihre Produktion senken oder einstellen und haben somit ihren Beitrag zur Energieeinsparung geleistet. Der Gesetzgeber hatte darauf richtigerweise das Kriterium für den Erhalt der individuellen Netzentgelte des gleichmäßigen Strombezugs ausgesetzt, sofern das Unternehmen eine signifikante Reduzierung des Erdgasverbrauchs nachweisen konnte.
Einige Unternehmen planen derzeit, die Produktion wieder anzufahren. Jedoch stellt die Gleichmäßigkeit des Stromverbrauchs die wesentliche Voraussetzung für die Inanspruchnahme individueller Netzentgelte dar. Ein mit steigender Produktion einhergehender erhöhter Strombedarf führt somit zu einem Verlust des individuellen Netzentgeltes und damit zu erheblichen Mehrkosten. In der Folge blieben Industrieanlagen bzw. Standorte, für deren Wirtschaftlichkeit der Bezug eines individuellen Netzentgeltes eine wesentliche Voraussetzung darstellt, abgeschaltet oder liefen weiterhin auf einem niedrigen Niveau.
„Die Unternehmen, welche in der Krise ihren Verbrauch gesenkt haben, dürfen nun nicht die Leidtragenden beim Wiederanfahren der Produktion sein. Die geforderte Verlängerung der Regelung auf das Jahr 2023 würde demnach helfen, die Industrieproduktion in Deutschland wieder anzukurbeln, so Christian Seyfert, Hauptgeschäftsführer des VIK. „Dies trifft u.a. auf Zink, Stahl- und Aluminiumhütten, Papierfabriken, Chemiewerke und die Ammoniakproduktion zu.“
Da die betroffenen Unternehmen dringend Planungssicherheit benötigen, sollte im Zuge der geplanten Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes im Herbst die vom VIK geforderte gesetzliche Regelung bei den individuellen Netzentgelten aufgenommen werden. „Eine solche überarbeitete Norm darf jedoch nicht, wie die Regelung des Vorjahres, die Reduktion des Gasbezuges zur Bedingung machen, sondern muss allen Unternehmen offenstehen, die bisher Anspruch auf die Wahrnehmung individueller Netzentgelte hatten“, so Christian Seyfert.
Mittelfristig braucht die Industrie bei der Netzentgeltthematik Lösungen, welche weiterhin den Bezug individueller Netzentgelte vorsehen und dabei neben dem gleichmäßigen Strombezug auch eine flexible Reaktion auf Netzengpässe oder hohe bzw. niedrige Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien erlauben. Der Gesetzgeber und die Bundesnetzagentur haben dafür bereits erste regulatorische Schritte (§ 118 Abs. 46a EnWG; BK-4-089-22) beschlossen, die eine Flexibilisierung der Netznutzung und damit eine netzdienlichere „Fahrweise“ der Produktionsanlagen ermöglichen sollen. In der Industrie besteht die Bereitschaft zur Flexibilisierung des Stromverbrauchs. Eine Umsetzung scheitert jedoch häufig an den hohen und praxisfernen administrativen Hürden. Dazu gehören bspw. das verpflichtende Vermarktungsgebot eingesparter Strommengen sowie das erschwerte Nachholen der Produktion, wenn in Zeiten von Netzüberlastungen diese freiwillig heruntergefahren wird.
Zusätzlich wird die gesetzlich zulässige Laufzeit bis 2025 nicht ausgeschöpft, da die Festlegung auf das Jahr 2023 beschränkt wurde. Die Unternehmen benötigen einen längeren Zeitraum, um sich auf eine zunehmend flexiblere Produktion einzustellen und um einen Anreiz für die Tätigung von Investitionen in die Bereitstellung von flexibler Stromnachfrage zu haben.
„Der VIK wirbt daher für eine Beseitigung der administrativen Hürden bei der Festlegung der Bundesnetzagentur, damit die Industrie, wie vom Gesetzgeber gewünscht, zu einem kosteneffizienten und sicheren Netzbetrieb beitragen kann und gleichzeitig nicht durch hohe Netzentgelte belastet wird. Die Industrie steht bereit, Ihren Beitrag zur Flexibilisierung zu leisten, sie braucht dafür aber die richtigen Bedingungen“, erläutert Seyfert.
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