48,5 Millionen PKW sind im Jahr 2021 in Deutschland zugelassen gewesen, dazu kommen 3,5 Millionen LKW und 4,7 Millionen Motorräder.[1] 8,5 Millionen haben ein Kfz-Versicherungsschaden gemeldet.[2] Bei der Frage der Instandsetzung des Schadens kann zwischen »Reparatur« und »Austausch« unterschieden werden. »In vielen Fällen ist der Umfang des Austauschs – also der Ersatz des Bauteils – deutlich größer als die schadhafte Stelle dies erfordern würde. Aus technischer Perspektive ist der Austausch aber sinnvoll, wenn komplexe Bauweisen wie Carbonteile die Reparierbarkeit beeinträchtigen oder der Schaden bei großen Rissen nicht reparierbar ist«, erklärt Jürgen Bertling vom Fraunhofer UMSICHT. Auch die Verfügbarkeit günstiger Gebrauchtteile könnte einen Austausch begünstigen. Für die Reparatur spreche hingegen, dass man auf die Demontage von Elektronik, Zierleisten, Innenverkleidungen oder Dichtungen häufig verzichten könne und so seltener Begleitschäden auftreten. Außerdem können bei kleinen Schäden auf großflächigen Karosserieteilen wie der Seitenwand durch die Reparatur Karosserieschnitte und Schweißarbeiten vermieden werden, die die Gefahr von Korrosion erhöhen. »Die Entscheidung zwischen beiden Möglichkeiten unterliegt den verschiedenen Interessen von einerseits Herstellern bzw. Ersatzteillieferanten und andererseits Versicherungen und Schadensabwicklern. Wir haben uns in unserer Ökobilanzierung daher vor allem gefragt, welcher der beiden Wege der umweltfreundlichere ist«, ergänzt das Forschungsteam.
Reparatur von Fahrzeugtür, Seitenteil und Stoßfänger umweltfreundlicher
Ökobilanzen, die die Umweltwirkungen von Reparatur und Austausch bewerten, gibt es bislang erst wenige. Ziel des Projektes war es deshalb, einen ökologischen Vergleich der beiden Praktiken Reparatur und Teileaustausch bei der Instandsetzung von Karosserieteilen nach Unfallschäden durchzuführen. Die Forschenden haben dazu vor Ort in einer Werkstatt in Hagen Daten aufgenommen bzw. seitens der Buchhaltung zur Verfügung gestellt bekommen sowie ergänzende Literaturstudien durchgeführt. Darauf aufbauend, haben sie eine generelle Einschätzung der beiden Varianten inkl. einer Darstellung von Stakeholder Interessen vorgenommen und drei vertiefende Ökobilanzen zu den exemplarischen Karosserieteilen »Tür«, »Seitenteil« und »Stoßfänger« erstellt.
In allen untersuchten Fallbeispielen konnten die Forschenden für die Reparatur geringere Treibhausgasemissionen als beim konkurrierenden Austausch der defekten Teile berechnen. Ein ähnliches Ergebnis ergibt sich mit wenigen Ausnahmen auch für alle anderen untersuchten Umweltwirkungskategorien. Auch bei variierenden Randbedingungen, wie sie im Rahmen von Szenarien untersucht wurden, ist die Präferenz zugunsten der Reparatur weiterhin robust. Im Ergebnis der Ökobilanz ist die Reparatur daher klar im Vorteil. Dies bestätigt die Ergebnisse, die in einer älteren Studie bereits 2010 andere Autoren veröffentlichten. Der wichtigste Grund dafür ist der unterschiedliche Energiebedarf der beiden Instandsetzungsprozessen. »Beim Austausch kommt ein hoher Aufwand für die Herstellung des Ersatzteils hinzu«, erklärt Jürgen Bertling. »Die Umweltbelastung kann deutlich reduziert werden, wenn die Energieeffizienz der Werkstatt gesteigert und auf erneuerbare Energien umgestellt wird. Diese Maßnahme würde sich bei der Reparatur stärker positiv auswirken als beim Austausch.«
[1] Kfz-Gewerbe (2022): Kraftfahrzeuggewerbe – Zahlen & Fakten 2021. Hg. v. Wirtschaftsgesell-schaft des Kraftfahrzeuggewerbes mbH.
[2] GDV (2022a): Autohersteller erhöhen Ersatzteilpreise um acht Prozent. Hg. v. Gesamtverband der Versicherer. Online verfügbar unter https://www.gdv.de/…, zuletzt aktualisiert am 05.10.2022, zuletzt geprüft am 07.03.2023.
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