Das geht aus einer Unternehmensbefragung der PCK-Auftragnehmer und -Zulieferer hervor, die die Wirtschaftsförderung Brandenburg (WFBB) und die Industrie- und Handelskammer (IHK) Ostbrandenburg mit Unterstützung der Stadt Schwedt im Februar und März 2023 in Schwedt durchgeführt haben.
„Viele Unternehmen stehen bereit, neue Geschäftsfelder und neue Absatzmärkte zu erschließen. Das ist ein positives Ergebnis der Umfrage. Hier können wir mit unseren Services zur Innovations-förderung und Markterschließung hervorragend ansetzen. Aber diese Dynamik wird ausgebremst, wenn es keine Klarheit über die Zukunft der PCK-Raffinerie gibt – Stichwort grüne Raffinerie. Zwar wird Erdöl noch längere Zeit als Rohstoff benötigt. Aber die Firmen würden sich mit all ihren Kompetenzen und Erfahrungen auch am Aufbau neuer Anlagen, zum Beispiel zur Erzeugung von Wasserstoff oder E-Fuels, beteiligen, wenn denn die Reise mit der Raffinerie dahin gehen soll“, betonte WFBB-Geschäftsführer Sebastian Saule heute bei einem Pressegespräch in Schwedt.
„Sollte es nicht zeitnah Aufschluss über die Ausrichtung der Raffinerie geben, ist ein schleichender Niedergang zu befürchten. Ein halbes Dutzend kleinerer und mittlerer Unternehmen könnte dichtmachen, viele der größeren Unternehmen am Standort würden sich nach und nach ver-kleinern oder den Standort völlig aufgeben“, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Gundolf Schülke. Die allgemeine Unsicherheit am Standort führe dazu, dass es die Unternehmen besonders schwer hätten, neue Fachkräfte zu gewinnen, „und erste Absetzbewegungen von Fachkräften weg aus Schwedt gibt es auch schon“. Diese Forderung richte sich vor allem an die Gesellschafter der PCK und an die Bundesregierung, als Treuhänder der vom russischen Konzern Rosneft gehaltenen Mehrheitsanteile an der PCK.
„Die meisten Unternehmen am Standort Schwedt sagen eindeutig Ja zur Transformation. Dies belegt die Umfrage eindrucksvoll. Sie sind auch bereit, in die Zukunft zu investieren. Zugleich drängen sie auf klare und verlässliche politische Rahmenbedingungen, damit sie für sich und ihre Beschäftigen Planungssicherheit und belastbare Perspektiven haben. Das ist überaus nachvollziehbar und ich hoffe, dass dieses Signal Gehör findet“, unterstrich der stellvertretende Schwedter Bürgermeister Silvio Moritz.
Die Befragung der PCK-Kontraktoren war die erste ihrer Art seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine am 24. Februar 2022. 75 von 99 angesprochenen Kontraktoren stellten sich zu einem persönlichen Interview zur Verfügung. „Zählt man alle 99 Dienstleister, Zulieferer und Kunden der PCK direkt am Standort Schwedt zusammen, kommt man auf ein Umsatzvolumen von mehr als 1 Milliarde Euro und eine Mitarbeiterzahl von 2.800“, erläuterte WFBB-Geschäftsführer Saule weiter. „Knapp die Hälfte der befragten Unternehmen erwirtschaftet jeweils nahezu oder mehr als die Hälfte ihres Umsatzes am Standort Schwedt mit der PCK, und ebenfalls etwa die Hälfte der Unternehmen hat schon reale Umsatzeinbußen durch das Öl-Embargo erfahren müssen. Die Abhängigkeit von PCK ist also groß bis sehr groß.“
IHK-Hauptgeschäftsführer Schülke fasste die Forderungen der Kontraktoren zusammen:
Der Raffinerie-Standort Schwedt müsse erhalten bleiben. Kaum irgendwo sonst gäbe es so chancenreiche Voraussetzungen, aus dem Standort die erste wirklich „grüne“ Raffinerie der Zukunft zu entwickeln.
Die Eigentümerfrage an der PCK müsse rasch geklärt werden. Das sei nicht nur für die Entscheidungsfähigkeit der PCK von Nöten, sondern auch für das Thema Neuansiedlungen am Standort.
Es sollte bis zum Sommer Klarheit über die strategische Ausrichtung der Raffinerie hergestellt werden. Viele Kontraktoren würden sich bei der Strategiebildung beteiligen wollen. Man wünsche sich eine offenere Informationspolitik vor allem durch den Bund und die PCK.
Neben der klaren Perspektive für die PCK und die gesamte Wirtschaft in Schwedt müssten laut IHK-Hauptgeschäftsführer Gundolf Schülke weiterhin verlässliche Rahmenbedingungen für Entwicklung und Investitionen am Standort geschaffen werden: „Um sich aktiv in den bevorstehenden Transformationsprozess einbringen zu können, müssen den Unternehmen in Schwedt exzellente Bedingungen geboten werden. Dazu gehören vereinfachte Zugänge zu gewerblichen Förderungen, attraktive Berufsschulangebote für junge Menschen und eine leistungsfähige Infrastruktur. Die Straßenanbindung des Industriestandorts an das Autobahnnetz und nach Polen sowie die Schienenanbindung Schwedts müssen dringend verbessert werden.“
Die IHK Ostbrandenburg ist die größte Interessenvertretung der Wirtschaft zwischen Schwedt und Eisenhüttenstadt, zwischen Berlin und der Oder.
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