- Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis für Erkenntnisse zur Vielfalt von Antigenrezeptoren verliehen.
- Antigenrezeptoren ermöglichen dem Immunsystem, Milliarden verschiedener Antigene zu erkennen und dagegen spezifische Antikörper zu bilden.
- David G. Schatz entdeckte den wichtigen Enzymkomplex RAG1/2, Frederick W. Alt Reparaturenzyme, die den Vorgang abschließen.
Jedes Jahr zeichnet die Paul-Ehrlich-Stiftung einen oder mehrere Forschende mit dem Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis aus, die auf den von Paul Ehrlich vertretenen Forschungsgebieten besondere Verdienste erworben haben. Dazu zählen insbesondere die Bereiche Immunologie, Krebsforschung, Hämatologie, Mikrobiologie und Chemotherapie. Die Preisverleihung findet traditionell an Paul Ehrlichs Geburtstag, dem 14. März, in der Frankfurter Paulskirche statt. Dieses Jahr wurden die Immunologen Frederick W. Alt (73), Harvard Medical School, und David G. Schatz (64), Yale Medical School, mit dem mit 120.000 Euro dotierten Preis ausgezeichnet. Sie haben Moleküle und Mechanismen entdeckt, die das Immunsystem befähigen, Milliarden verschiedener Antigene schon beim ersten Kontakt zu erkennen und spezifische Antikörper gegen Antigene zu bilden. Die beiden Preisträger folgten der traditionellen Einladung des Paul-Ehrlich-Instituts und stellten ihre Forschungsarbeiten am 15.03.2023 im Rahmen eines wissenschaftlichen Kolloquiums vor.
Antigenrezeptoren entstehen durch somatische Rekombination
B- und T-Zellen gehören zu den weißen Blutkörperchen (Lymphozyten) und machen gemeinsam mit den Antikörpern das erworbene (spezifische) Immunsystem aus, das sich an neue Krankheitserreger anpassen und diese bekämpfen kann. Krankheitserreger werden vom Immunsystem u. a. deshalb erkannt, weil es Milliarden B-Vorläuferzellen gibt, die jeweils einen Antigenrezeptor auf der Zelloberfläche tragen. Die Antigenrezeptoren unterscheiden sich aber zwischen den B-Zellen untereinander.
Die Antigenrezeptoren auf B-Zellen erkennen Strukturen eines Erregers, bei Viren häufig bestimmte Proteinstrukturen auf der Virusoberfläche. Die vom Immunsystem erkannten Erregerbestandteile werden als Antigene bezeichnet, die vom Immunsystem erkannten Teilbereiche der Antigene werden als Epitope bezeichnet. B-Zellen, die Epitope eines Erregers erkennen, geben Antikörper ab, welche die Erkennungsstrukturen ihres Antigenrezeptors tragen und daher die Epitope auf der Erregeroberfläche ebenfalls erkennen. Sie können deshalb an Antigene binden und Krankheitserreger auf diese Weise abfangen.
Die Gene mit der Information für die Bildung der Antigenrezeptoren der B- Zellrezeptoren bestehen aus verschiedenen Bausteinen (Gensegmenten) und werden in jeder B-Zelle zufällig miteinander kombiniert, um ein einzigartiges Antikörpergen in der B-Zelle zu bilden. Durch diese sogenannte somatische Rekombination entstehen B-Zellen mit unterschiedlichen, zufälligen Antigenspezifitäten. Die Preisträger Alt und Schatz haben Details dieser somatischen Rekombination erforscht.
Preisträger klären Mechanismus der V(D)J-Rekombination auf
David G. Schatz hat zur Aufklärung des Mechanismus der sogenannten V(D)J-Rekombination beigetragen. Er entdeckte, dass der Enzymkomplex RAG1/2 aus drei relativ weit auseinanderliegenden Abschnitten auf der DNA spezifisch für jeden Antikörper zufällige Abschnitte herausschneidet. Der Name V(D)J-Rekombination leitet sich von den englischen Bezeichnungen für die einzelnen Genabschnitte ab (V für variable, D für diversity, J für joining). Frederick Alt entdeckte die Reparaturenzyme, die gemeinsam die ausgeschnittenen Abschnitte verknüpfen.
Ebenso haben Schatz und Alt dazu beigetragen, die sogenannte somatische Hypermutation aufzuklären, bei der die normale Mutationsrate in den Regionen der V-Segmente durch ein Enzym millionenfach erhöht wird. Die beiden Wissenschaftler konnten zeigen, wie dieses Enzym noch dazu sehr zielgenau arbeitet. Diese Erkenntnisse sind von hohem Wert für die Frage, wie diese Mutationsfähigkeit für die Reifung der Antikörper genutzt werden kann, ohne dass befürchtet werden muss, dass es durch diese Mutationen zur Tumorbildung kommt.
„Mit Ihrer Grundlagenforschung leisteten die Preisträger Alt und Schatz einen entscheidenden Beitrag dazu, die Funktionsweisen unseres Immunsystems besser zu verstehen. Daran anknüpfend kann die translationale Forschung in der Biomedizin neue therapeutische Perspektiven für Krankheiten erschließen, bei denen die Fähigkeiten unseres Immunsystems genutzt werden“, sagte Prof. Klaus Cichutek, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts.
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