Nach Monaten des intensiven Drängens der Ärzteschaft und der Medtech-Branche hat heute (7.3.) auch der Europäische Rat grünes Licht für dringend notwendige Änderungen an der Europäischen Medizinprodukteverordnung (MDR) gegeben. Die Gesetzesänderungen sind somit offiziell beschlossen und es wird nun unter bestimmten Bedingungen eine Fristverlängerung für die Re-Zertifizierung von Medizinprodukten geben. Hintergrund dieser Entscheidung ist, dass seit dem Geltungsbeginn der MDR nicht ausreichend Benannte Stellen für die Prüfung und Bewertung eines Großteils der Medizinprodukte in der EU zur Verfügung stehen. „Die Anpassungen der MDR waren zum Wohl der Patientinnen und Patienten absolut notwendig. Denn ohne diese Änderungen wären lebensnotwendige Medizinprodukte vom Markt verschwunden“, erklärt Dr. Martin Leonard, Vorsitzender der Medizintechnik beim Deutschen Industrieverband SPECTARIS.

Allerdings lösen verlängerte Übergangsfristen nicht die grundlegenden strukturellen Probleme der MDR, die dazu führen, dass Produkte nicht mehr in Europa hergestellt, weiterentwickelt und zuerst in der EU in Verkehr gebracht werden. Das MDR-System ist in dieser Hinsicht immer noch nicht praxistauglich. Hauptprobleme sind z.B. die enorm hohen Kosten, die überlange Verfahrensdauer sowie fehlende Sonderregelungen für Nischenprodukte. Dazu kommt: Noch immer fehlen viele Benannte Stellen und Eudamed – eine einheitliche europäische Datenbank – als Grundpfeiler der MDR.

Ein Flickenteppich an MDR-Auslegungen in den Ländern der EU und zu bürokratische Zertifizierungsprozesse verteuern den Marktzugang und schaffen EU-weit ein innovationsfeindliches Klima. Das Risiko des Scheiterns ist zwar Grundlage jeder Innovation. Da aber die Kosten von Fehlschlägen bei der Entwicklung innovativer Medizinprodukte am Standort Europa im internationalen Vergleich stetig gestiegen sind, haben deutsche Medizintechnikunternehmen immer seltener den Anreiz, Innovationen in Europa zu entwickeln und zuerst hier einzuführen. „Stattdessen werden Innovationen immer häufiger im außereuropäischen Ausland auf den Markt gebracht. Somit profitieren diejenigen globalen Märkte, in denen die Zulassungsverfahren sicher, einfacher und schneller sind“, bemängelt Leonhard.

Über den SPECTARIS – Deutscher Industrieverband für optische,medizinische und mechatronische Technologien e.V.

SPECTARIS ist der Deutsche Industrieverband für Optik, Photonik, Analysen- und Medizintechnik mit Sitz in Berlin. Der Verband vertritt 400 überwiegend mittelständische deutsche Unternehmen. Der Fachverband Medizintechnik im Deutschen Industrieverband SPECTARIS vertritt rund 130 vorwiegend mittelständische Mitgliedsunternehmen. Diese sind innovative Hersteller von Medizinprodukten und Medizintechnik sowie qualitätsorientierte nichtärztliche Leistungserbringer aus dem Bereich der respiratorischen Heimtherapie. 2021 erwirtschaftete die deutsche Medizintechnikindustrie einen weltweiten Umsatz in Höhe von 36,4 Milliarden Euro.

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