Das nach Unternehmensangaben zurzeit größte FTTH-Projekt der deutschen Wohnungswirtschaft steht kurz vor seinem Abschluss. Dieter Kynast, Geschäftsführer Pott Kabelservice GmbH, erläutert im Interview mit Cable!vision Europe die Vorgehensweise von POTT – und warum er glaubt, dass Projekte dieser Größenordnung in Zukunft unwahrscheinlicher werden.

Das Ausbauprojekt wird vom Glasfaserspezialisten POTT, Teil der BTV Multimedia Group, im Auftrag der ImmoMediaNet, einer Tochtergesellschaft der SAGA, in Hamburg durchgeführt und läuft seit 1. Oktober 2018.

Cable!vision Europe: Herr Kynast, zunächst einmal die wichtigsten Zahlen und Daten zum Projekt „Lucia“: Wie sieht der Zeitrahmen aus, wie viele Wohneinheiten werden angeschlossen, wie viele Mitarbeiter sind beteiligt?

Dieter Kynast: Das Projekt wurde am 1. Oktober 2018 mit dem Ziel gestartet, 117.000 Wohnungen in gut vier Jahren zu installieren. Stand heute bin ich sehr zuversichtlich, dass wir das am 28. Februar 2023 erreicht und das Projekt damit formal abgeschlossen haben werden. Das heißt: Alles, was baubar ist, wird fertig sein. Wie bei jedem Bauprojekt gibt es immer einzelne Nachzügler, weil z. B. Mieter den Zugang verweigert haben oder Baubehinderungen vorlagen. Bis zum Projektende werden wir 1.000 Multifunktionsgehäuse installiert, 7.000 bis 8.000 Kilometer Kabel verbaut, 5.000 Verteilerkästen in Kellern montiert und rund 200 Mitarbeiter zeitgleich in dem Projekt beschäftigt haben. Das Herzstück bilden die 100 Mitarbeiter, die im Feld arbeiten. Gesteuert wird alles von einem siebenköpfigen Projektteam.

Wer ist der Auftraggeber des Projektes?

Unser Auftraggeber ist die Hamburger Unternehmensgruppe Saga, eine der größten Wohnungswirtschaften Deutschlands, genauer gesagt die ImmoMediaNet, welche für die Saga die Netze betreibt. Das waren über viele Jahre Koax-Netze.

Beim Ausbau der NE4 liegen die Herausforderungen vor allem in der Projektorganisation. Wie sind Sie vorgegangen, um solch ein großes Projekt zu stemmen?

Jede Minute, die man in die Vorbereitung investiert, spart man später beim Ausbau. Eine extrem gute Prozessorganisation und -durchführung sind daher das A und O, um Glasfaserausbau wirtschaftlich durchzuführen. Mit der Planung, Logistik und Terminierung haben wir drei Monate vor Baubeginn begonnen. Wir haben dabei überlegt, wie die Prozesse aussehen müssen, die für unsere Bauweise funktionieren. Alle Prozessschritte sind in der IT hinterlegt, von der Logistik über das Workforce Management bis zur Dokumentation. Wir haben für das Projekt auch eine eigene IT-Lösung entwickelt: Unser Optical Cable Project Management System (OPTICAS).

Ein wichtiges Prinzip: Es darf nichts zum Techniker gelangen, das nicht vorbereitet ist. Die Person, die an der Planung beteiligt war, steht nicht immer zur Verfügung, das heißt, es muss alles selbsterklärend sein. Durch Instrumente wie Dashboards können wir die Prozesse in Echtzeit verfolgen. So sehen wir beispielsweise sofort, wenn ein geplanter Termin bei einem Mieter nicht zustande kommt – und nicht erst dann, wenn sich der Kunde z. B. am nächsten Tag beschwert. Jeder hat Zugang zu diesen Informationen, natürlich die Kolleginnen und Kollegen im Projektteam, die Manager, aber auch die Techniker im Feld über ihre Smartphones oder Tablets.

In die Software ist auch ein Qualitätsmanagement-System integriert. Die Installations- und Leitungsqualität in jeder Wohnung wird durch Fotos dokumentiert. Diese wird von den Bauleitern kontrolliert. Auch unser Auftraggeber kann alles in Echtzeit sehen, wir sind gläsern für ihn. Das war anfangs für manche Mitarbeiter ungewohnt, aber letztlich überwiegen für alle die Vorteile.

Was ist neben der Prozessorganisation noch wichtig?

Entscheidend ist der Team Spirit. Im Team muss ein Bewusstsein dafür entstehen, dass alle gemeinsam an einem großen Projekt arbeiten. Um das zu fördern, haben wir z. B. gemeinsame Events veranstaltet, sind mit den Kollegen zum Essen gegangen.

Auch gegenüber den Mietern ist die richtige Kommunikation sehr wichtig. Wie sieht hier Ihr Konzept aus?

Die Hauptschwierigkeit bei Ausbauprojekten der Wohnungswirtschaft: Es sollen alle Wohnungen ausgebaut werden. Doch manche Mieter sind nicht begeistert und erkennen eventuell den Mehrwert nicht. Nach unseren Erfahrungen sind nur etwa ein Drittel der Bewohner der großen Objekte der Wohnungswirtschaft überzeugt vom Glasfaserausbau, ein Drittel lässt ihn zu, ein weiteres Drittel lehnt ihn ab. Und wenn der Mieter im Erdgeschoss nicht mitmacht, kann im ersten Stock nicht installiert werden.

Um diesen Problemen entgegenzuwirken, haben wir ein fünfstufiges Kommunikationskonzept entwickelt, das auch mehrsprachig zur Verfügung steht. Das Prinzip dahinter: informieren, überzeugen, motivieren. Dazu gehört die Gesprächsführung mit scheinbar banalen Vorgehensweisen, die aber für den Erfolg entscheidend sind. Ein Beispiel: Wenn ein Mieter sagt: „An dem Termin passt es mir aber nicht“, kann man ihn fragen: „Wer gießt denn bei Ihnen die Blumen, wenn Sie im Urlaub sind? Könnten Sie nicht dieser Person den Schlüssel geben?“ Es muss außerdem auf unterschiedlichen Kanälen und redundant informiert werden. Zwei Tage vor dem Installationstermin hängen wir beispielsweise eine Karte zur Erinnerung an die Wohnungseingangstür.

Im Lauf des Projekts ist uns die Kommunikation immer besser gelungen. So haben wir es geschafft, dass wir 90 Prozent der Wohnungen zum von uns vorgeschlagenen Ersttermin installieren konnten.

Damit das funktioniert, ist sicherlich eine gründliche Schulung der Mitarbeiter wichtig? Welchen Stellenwert hat das bei dem Projekt Lucia?

Unser Akademiekonzept ist eines unserer Highlights und einer der Erfolgsfaktoren. Generell sind die Techniker handwerklich sehr gut qualifiziert. Wir haben festgestellt, dass wir aber ein viel breiteres Spektrum an Fähigkeiten trainieren müssen. Unser Schulungskonzept besteht jetzt aus 50 Themenbereichen. Beispielsweise muss man lernen, mit unseren standardisierten Prozessen mit hohem Effizienzdruck umzugehen. Außerdem arbeiten wir im Bestandsbau, das heißt, in bewohnten Wohnungen, in der Privatsphäre von Menschen. Daher bestand viel Schulungsbedarf in den sogenannten Soft Skills, für unsere internationalen Partner, aber genauso für die deutschen. Freundlichkeit, Sauberkeit, Engagement, Zuverlässigkeit – das sind Eigenschaften, die für Mieter wahrnehmbar und wichtig sind. Entscheidend ist, dass die Mitarbeiter die richtige Einstellung entwickeln: So kann man eine Kundenbeschwerde als Chance betrachten, sich zu verbessern, oder als persönlichen Angriff.

Die Angebote richten sich vor allem an Disponenten, Bauleiter und Teamleiter, damit diese ihre Mitarbeiter schulen und richtig führen können. Allerdings haben auch alle schon viel mitgebracht.

Unser Konzept können wir nach Ende des Projekts am Markt anbieten. Es gibt meiner Meinung nach zu wenig Schulungen, die auf das mittlere Management abzielen. Und zu wenige für Soft Skills.

Macht sich Materialknappheit auch beim FTTH-Ausbau bemerkbar?

Sicher sind auch wir davon betroffen. Doch auch hier hat uns unsere Vorplanung geholfen. Wir haben im Vorfeld sehr genau ermittelt, welches Material wir in welcher Menge brauchen. So haben wir einen Material-Forecast mit der braun teleCom aus unserem Unternehmensverbund, der BTV Multimedia Group, gemacht. Es gab keinen einzigen Tag, an dem wir wegen fehlendem Material nicht bauen konnten. Wir haben lange vor Baubeginn gesehen, wenn es knapp werden könnte.

braun teleCom hat Kabel und Speedpipes geliefert, Holm, ein weiteres Unternehmen unserer Gruppe, Verbrauchsmaterial und Brandschutzpaste. Die Partnerfirmen haben uns mit ihrer Logistik gut begleitet, das war ein tolles Erlebnis.

Wie hoch ist der Anteil ausländischer Partnerunternehmen, aus welchen Ländern kommen diese?

70 Prozent der Mitarbeitenden kommen aus anderen Ländern. Der Länderschwerpunkt liegt jetzt bei Südost-Europa. Unser größter Partner kommt momentan aus dem Kosovo, ein weiterer großer Partner aus Polen, weitere aus Griechenland, Mazedonien und Kroatien. Die Zusammenarbeit mit den ausländischen Partnern macht Spaß, das sind handwerklich sehr gute und sehr motivierte Menschen. Die lassen nicht um halb vier den Schraubenzieher fallen, sondern installieren auch mal abends um 20 Uhr nach Feierabend des Kunden. Wichtig war auch hier, dass wir die Partner – aus dem Inland und aus dem Ausland – nicht als anonyme Masse betrachten, sondern den einzelnen Menschen sehen, etwa mit den Technikern ins Restaurant gehen. Davon profitieren wir noch zusätzlich, da wir etwas über deren Blickwinkel auf die Arbeit erfahren und diesen in unsere Prozesse einfließen lassen können.

Es gab allerdings auch Partnerfirmen, die unsere Anforderungen nicht erfüllt und von denen wir uns getrennt haben.

Natürlich darf man nicht vergessen: Die Menschen arbeiten letztlich, um Geld zu verdienen. In der Coronazeit gab es in vielen Ländern ein großes Beschäftigungsproblem, ohne dass dort ausreichende soziale Sicherungssysteme existieren. Das war ein wichtiger Motivationsschub für die ausländischen Partnerfirmen. Wichtig ist auch, dass das Geld in Richtung der Partner schnell fließt. Wer mit ausländischen Unternehmen zusammenarbeitet weiß: Die hohen Anforderungen an die Dokumentation machen Zahlungsprozesse sehr langwierig. Da wir aber schon alle Prozesse vollständig in unserer IT abgebildet haben, bedarf es nur eines Knopfdrucks, um die Rechnung zu erstellen. Dies macht es unseren Partnern möglich, ihre Mitarbeiter pünktlich zu bezahlen – ein wichtiger Motivationsfaktor.

Arbeitskräftemangel war für Sie kein Thema?

Damit haben wir kein Problem – wir haben viele Mitarbeiter mit guten handwerklichen Grundqualitäten. In den fehlenden Fertigkeiten muss man gezielt schulen.

Wie beurteilen Sie die Auswirkungen der TKG-Novelle auf den FTTH-Ausbau?

Das Projekt Lucia ist, soweit wir wissen, das größte dieser Art in Deutschland, wenn nicht in Europa. Und: Es könnte das letzte dieser Art in Deutschland sein! Die TKG-Novelle hat große Investitionen in die NE4 abgewürgt. Es wird weniger Projekte der Wohnungswirtschaft geben. Ich beobachte einen Wandel vom wohnungswirtschaftlich getriebenen zum vom Operator getriebenen Ausbau. Das heißt, es werden nicht mehr gesamte Wohnungsbestände, sondern einzelne Wohnungen nach Beauftragung des Kunden ausgebaut. So wird man es in den nächsten zehn Jahren nicht schaffen, 30 Millionen Wohnungen mit Glasfaser zu versorgen.

Die Besitzverhältnisse und die Finanzierung des Netzbaus sind unklar. Die Alternative zur bisherigen Umlagefähigkeit ist das Glasfaserbereitstellungsentgeld. Doch ich kenne keinen Marktteilnehmer, der dieses für den Ausbau nutzt. Der Investitionsanreiz ist nicht mehr da. Das mag sich in der Zukunft klären, es gibt auch eine Verfassungsbeschwerde gegen das entschädigungslose Sonderkündigungsrecht im TKG von willy.tel.

Zum Abschluss: Was sind die entscheidenden Faktoren für erfolgreichen FTTH-Ausbau?

Das sind toll motivierte Mitarbeiter, Techniker, die effizient arbeiten können, weil ein engagiertes Projektteam alles perfekt baureif vorbereitet hat.

Erschienen in: Cable!vision Europe, Ausgabe 6/2022, S. 30 – 33

Über BTV Multimedia is now Netceed

Seit der Unternehmensgründung im Jahr 1961 ist die POTT Kabelservice GmbH ein starker Partner für die Errichtung und Wartung von Breitbandnetzen. Heute liegt der Fokus auf der Planung und Umsetzung von FTTH-Projekten im Norden Deutschlands. Hierzu verfügt POTT über eine hohe Expertise in der Partnerplanung, sowie dem Workforce- und Workflowmanagement. Speziell entwickelte IT- und Logistikprozesse ermöglichen die Durchführung von HFC- und FTTX-Projekten jeder Größenordnung.

POTT ist Teil der BTV Multimedia Group, einer stark wachsenden Unternehmensgruppe mittelständischer Akteure unter dem Dach der Deutschen Beteiligungs AG (DBAG). BTV Multimedia bündelt die Aktivitäten namhafter, internationaler Hersteller, Distributoren und Dienstleister der Breitbandbranche, neben POTT unter anderem ANEDiS, braun teleCom, DKT, FIONIS, und Holm. Damit ist die Gruppe einer der wenigen Full-Service-Anbieter am Markt.

Weitere Informationen: www.pott-kabel.de

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