Ein Leichtbau-Award für Fassadenbegrünung? Nein, das wäre dann doch zu einfach. Der GraviPlant – ein Pflanztopf mit Köpfchen hebt die Fassadenbegrünung auf die nächste Ebene. Das ist wörtlich zu nehmen, denn er ermöglicht das Bepflanzen der Fassade mit kleinen Bäumen eine Ebene über der gängigen Fassadenbegrünung. Verschiedene Leichtbauideen halten das Gewicht des Baumtopfes selbst niedrig. Zudem führt die Idee des gärtnerisch automatisierten, horizontalen Baumbewuchses an Fassaden zu vielschichtigem Systemleichtbau im urbanen Raum, kühlt, schützt die Gebäude und verbessert das Klima in der Stadt. Der ThinKing im November 2022 geht deshalb für den GraviPlant an die Visioverdis 2.0 GmbH.

Die Landesagentur für Leichtbau Baden-Württemberg präsentiert diese Innovation mit ihrem ThinKing im November 2022. Mit diesem Label gibt die Leichtbau BW GmbH monatlich innovativen Produkten oder Dienstleistungen im Leichtbau aus Baden-Württemberg eine Plattform.

Auf einen Blick:

  • CO2-Footprint reduzieren: Urbane Fassadenbegrünung erhöht die Lebensdauer der Gebäude, speichert CO2 und produziert Sauerstoff.
  • Energiesparend: Die Energiekosten für die Gebäudeklimatisierung lassen sich halbieren.
  • Leichtbaupotenzial erschließen: Wärmedämmung und Schallschutz durch Begrünung unterstützt ressourcenschonendes Bauen.

Beim ersten Anblick des GraviPlant ist die Versuchung groß, den Blickwinkel um 90 Grad zu drehen, denn horizontal wachsende Pflanzen sind in unserer Realität nicht vorgesehen. In diesen Pflanztöpfen wachsen baumartige Hochstämmchen nicht senkrecht nach oben, sondern im rechten Winkel bis zu einer Tiefe/Höhe von etwa zwei Meter von der Fassade weg.

„Der GraviPlant ist eine Kombination aus Technik und Pflanze. Das Hochstämmchen wird in seiner Verankerung langsam gedreht, so dass es die Schwerkraft von allen Seiten wahrnimmt und horizontal in den Raum wächst – bei gebremstem Längenwachstum“, erklärt Dr. Alina Schick, Beraterin in Strategiemanagement und Produktplanung der Visioverdis 2.0 GmbH das horizontale Wachstum der Pflanzen.

Fassadenkühlung und Schallschutz sparen Energie und Baustoff
Der GraviPlant bringt somit Ökologie und Technologie in urbane Räume: mehr Wärme- und Schallschutz für Fassaden, die dadurch materialeffizient und dem Leichtbaugedanken folgend aufgebaut werden können. Bei einem begrünten Gebäude können im Vergleich zu einem unbeschatteten Gebäude die Energiekosten pro Quadratmeter und Jahr aufgrund der Evaporationskühlung fast halbiert werden1. Das hat Marco Schmidt, Technical University of Berlin, Institute of Architecture, Section Building Technology and Design in jahrelanger Forschung nachgewiesen. Dazu trägt vor allem der geringere Energieverbrauch für die Gebäudekühlung im Sommer bei.

Klimaschutz und besseres Klima
Eine Fassadenbegrünung wirkt aber nicht nur wie ein Hitzeschild. Hinzu kommt, dass das Baumaterial durch die Begrünung mit einem sich selbst erneuernden Schutzmantel versehen wird, der gegen Witterungseinflüsse, Luftverschmutzung und UV-Strahlung schützt. Die Lebensdauer der Gebäudehülle wird dadurch verlängert, wodurch der CO2-Fussabdruck sinkt. Zudem filtern die Pflanzen Schadstoffe und produzieren Sauerstoff für eine bessere Luft. CO2 dagegen wird in die Biomasse eingebunden und der Umgebung entzogen. Feinstaub wird gebunden und mit Regenwasser abgeführt.

In Verbindung mit wandnahen Begrünungssystemen wird gar eine Mehrschichtbegrünung an Fassaden möglich, da das Sonnenlicht durch das horizontale Wachstum bis an die Fassade an die fassadengebundene Begrünung durchdringen kann. Sowohl der Kühlungseffekt als auch die Wirkung auf das Wohlbefinden des Menschen steigert sich mit der ökologischen Vielfalt und der Wahrnehmung eines Ökosystems unterschiedlicher Höhen aus Staude, Strauch und Baum.

Ein Topf mit Köpfchen
Der GraviPlant selbst versorgt die Pflanze spezifisch, automatisiert und digital gesteuert auf ideale Weise mit Wasser und Nährstoffen. Der als Topf-in-Topf-System ausgeführte Pflanztopf versorgt und dreht die Hochstämmchen. Der innere Topf – der Pflanzenbehälter – enthält Substrat, Sensorik und Wurzelwerk. Er wird auf eine statische Einheit aufgesteckt, die wiederum in der Fassade befestigt und verkleidet ist. Diese beinhaltet beispielsweise den Motor, Bewässerungstank, Getriebe, Hohlachse und die Elektronik. In der Fassade sind gedämmte Aussparungen vorzusehen, in die die GraviPlant eingebaut sowie mit Wasser und Strom versorgt werden. Zweimal pro Jahr ist eine technische und gärtnerische Kontrolle notwendig.

Weiteres Leichtbau-Entwicklungspotenzial
Von den ersten Entwürfen bis zum heutigen Entwicklungsstand konnte die Visioverdis 2.0 GmbH das Gewicht des mit Substrat gefüllten GraviPlants von 160 Kilogramm auf unter 100 Kilogramm bereits reduzieren. Das Leergewicht liegt derzeit bei etwa 37 Kilogramm. Erreicht wurde dies vor allem durch ein verbessertes Layout und eine dadurch mögliche Verkleinerung des Systems. Die technische Komponente des aktuellen GraviPlant benötigt eine Fläche von 42 x 42 Zentimeter und ist 60 Zentimeter lang. „Derzeit nutzen wir rostfreien Stahl, sind aber auf der Suche nach einem nachhaltigen, steifen und leichten Material, das gleichzeitig beständig genug ist, um den GraviPlant noch leichter zu machen“, sagt Dr. Alina Schick. „Ein nächster Entwicklungsschritt werden außerdem leichtere anorganische Substanzen für das Substrat sein, da dieses doch einen hohen Anteil am Gewicht ausmacht.“

Über Visioverdis 2.0 GmbH
Visioverdis 2.0 GmbH entwickelt Greentech-Produkte für den urbanen Lebensraum. Das Unternehmen verknüpft das Potenzial aus Pflanzen und Technologie zu innovativen und zukunftsweisenden Lösungen. Damit unterstützt das Start-up aus Baden-Württemberg Kommunen, Objektplaner und Bauträger, Städte grüner zu gestalten und bietet ihnen neue Möglichkeiten bei der Umsetzung von Klimaanpassungsstrategien und der Planung von Bauprojekten, die nachhaltige urbane Ansprüche erfüllen.

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