Damit wir ein konkretes Bild davon haben, was Data Governance eigentlich bedeutet und warum es so wichtig ist, möchte ich im Folgenden kurz einen Blick ins Airliner-Cockpit werfen. Anhand eines Beispiels leiten wir her, welche Elemente ein etabliertes Data Governance braucht und wie dies in der Luftfahrt umgesetzt wird.
Data Governance im Cockpit
In der Flugvorbereitung nutzen Piloten mehrere Abläufe, um sicherzustellen, dass die richtigen Daten im Flight Management System (FMS) geladen sind:
- Ein Pilot checkt die initiale Navigationsdatenbank, ob diese noch gültig ist
- Beide Piloten berechnen unabhängig voneinander die Takeoff-Performance-Parameter und gleichen diese ab
- Die Performance-Parameter sowie die Abflugroute werden von einem Piloten ins System eingegeben und später als Checklistenpunkte und im Departure-Briefing überprüft, ob diese korrekt ins System eingegeben sind
Das kostet die Piloten vor dem Flug zwar etwas Zeit, aber damit kann sichergestellt werden, dass die korrekte Startstrecke und Startleistung verwendet wird, das Flugzeug richtig konfiguriert ist und die von der Verkehrskontrolle zugewiesene Abflugroute abgeflogen wird. Sie sehen, dass doch einige Maßnahmen getroffen werden, um die korrekte Verwendung der Daten zu gewährleisten: Database-Validities, Checklisten, Briefings und Vier-Augen-Prinzip, und vieles mehr. Nicht bewusst unter dem Titel Data Governance, aber konsequent mit dem Ziel zur Schaffung eines sicheren Rahmenwerkes hat sich in der Luftfahrt ein stabiles Data Governance etabliert, welches Tag für Tag den reibungslosen Ablauf eines komplexen Systems garantiert. Es wird deutlich: korrekte Daten sind für ein funktionierendes System unabdingbar.
Die wesentlichen Handlungsfelder von Data Governance sind damit erfüllt:
- Es bestehen Regeln für den Umgang mit Daten: Briefings, Checklisten, Vier-Augen-Prinzip
- Die Datenverantwortung in der Organisation ist etabliert: die Art und Bedeutung der Daten ist bekannt, ebenso deren Speicherort. Es bestehen klar definierte Prozesse, wie mit den Daten verfahren wird.
- Es sind Verantwortlichkeiten, insbesondere in den Fachabteilungen definiert: regelmäßige Aktualisierungs-Zyklen, wer darf editieren, wer darf nur lesen, wer ist für die Bereitstellung der Daten verantwortlich und wer verwendet die Daten.
Diese Maßnahmen zusammen ermöglichen es, die Verwendung der Daten ganzheitlich zu planen, zu überwachen und zu steuern und immer auf aktuelle Daten hoher Qualität zugreifen zu können.
Data Governance im Unternehmen umsetzen
Wenn ich an meine Erfahrungen im Unternehmen denke, so fällt mir auf, dass es diese datenbezogene Transparenz an vielen Stellen gar nicht gibt. Ich weiß nicht, wie ihre Erfahrungen dazu sind, aber ich freue mich über Ihre Meinung dazu. Als Gegenargument kann man jetzt anführen: In der Fliegerei ist es sehr wichtig, dass die Daten korrekt sind, weil Menschenleben davon abhängen. Für normale Unternehmen ist der Aufwand für Data Governance viel zu hoch.
Ich verstehe diesen Einwand, aber: Die Folgen schlechter Daten fürs Unternehmen sind weniger offensichtlich und tangibel als in der Luftfahrt, wo das Flugzeug mit falschen Daten womöglich nicht flugfähig ist. Unser Unternehmen läuft trotzdem, aber wir merken früher oder später, dass wir mit datenbezogenen Prozessen immer mehr Mühe haben, weil wir kein System etabliert haben, welches die Grundregeln für den Umgang mit Daten definiert. Die Folgen für das Unternehmen sind dann hohe Blindleistung, falsche Auswertungen, teilweise belastbare Strategie oder Fehleinschätzungen der Kundenwünsche. Weiter können Abläufe schlecht oder gar nicht automatisiert und digitalisiert werden und es sind immer wieder aufwendige und teure Einzelfallbetrachtungen notwendig und die Gründe für rückläufige Gewinne bleiben teilweise im Dunkeln [3,4].
In der Luftfahrt hat sich die Data Governance dynamisch entwickelt und sie entwickelt sich auch immer noch weiter. Ebenso dynamisch sollten Sie Data Governance in Ihrem Unternehmen handhaben. Um einen ersten Anhaltspunkt zu erhalten, welche Mittel und Maßnahmen in welchen Bereichen der Data Governance schon etabliert sind, ist eine Reifegradbeurteilung über alle Daten relevanten Bereiche in Form eines kurzen Readiness Check sinnvoll.
Darauf basierend lässt sich ein Konzept und eine Umsetzungsroadmap erarbeiten, um die Data Governance gemäß den Prioritäten aus der Reifegradbeurteilung auszubauen. Wichtig ist dabei eine fundierte Ressourcenplanung, um den Aufbau einer guten Data Governance neben dem Daily Business realistisch abzubilden. Weiter empfiehlt sich ein iterativ agiles Vorgehen, um den Fortschritt anhand des Reifegrads zu überprüfen, Prioritäten neu zu bewerten und weitere Maßnahmen zu planen.
Um nochmal auf das anfangs erwähnte Argument einzugehen, dass der Aufwand zu hoch ist: ich denke, man muss es relativ betrachten. Ja, in der Fliegerei sind bei falschen Daten Menschenleben betroffen, deshalb muss auch viel Aufwand in gute Data Governance gesteckt werden. Im Unternehmen geht es nicht um Menschenleben, aber darum, wichtige Entscheidungen richtig zu treffen, Arbeitszeit sinnvoll zu nutzen und die korrekte Verwendung von Daten sicherzustellen. Und dafür lohnt es sich, einen gewissen Aufwand zu betreiben und ein System zu etablieren.
Fazit / Schluss
Was meinen Sie – wie gut fliegt Ihr Unternehmen? Stecken Sie genug Aufwand in die Data Governance, um sicherzustellen, dass Ihre Daten korrekt verwendet werden? Oder nutzen Sie möglicherweise die falschen Daten und haben die falsche Abflugroute, sprich Strategie, geplant? Welche Data Governance Elemente haben Sie bereits etabliert und wo müssen Sie noch Methoden und Maßnahmen etablieren? Treten Sie gerne in Kontakt mit uns über Linkedin oder kommentieren Sie Ihre Erfahrungen zu Data Governance unter dem Artikel.
Quellen
[1] https://www.easa.europa.eu/erroneous-take-performance-data
[2] https://skybrary.aero/articles/use-erroneous-parameters-take
[3] https://itchronicles.com/big-data/reasons-bad-data-is-harmful-to-your-business/
[4] Designing data governance that delivers value | McKinsey
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