Der Fall
Bei einem Bauvorhaben wurden zusätzliche Leistungen erforderlich. Aus diesem Grund überreichte der Unternehmer dem Auftraggeber insgesamt sechs Nachtragsangebote unter Vorlage seiner Urkalkulation. Zwar ignorierte der Auftraggeber sämtliche Nachtragsangebote, ließ die Leistungen aber trotzdem vom Unternehmer widerspruchlos ausführen. Nachdem der Unternehmer seine Schlussrechnung übergab, weigerte sich der Auftraggeber diese zu bezahlen. Seiner Auffassung nach seien die in den sechs Nachtragsangeboten angesetzten Einheitspreise nicht vertraglich vereinbart worden. Dies sah der Unternehmer anders und zog bis vor das Oberlandesgericht.
Die Entscheidung
Sowohl das Landgericht Frankfurt/Oder als auch das OLG Brandenburg stellen übereinstimmend fest: Dem Unternehmer steht der geltend gemachte Werklohn auf Grundlage seiner Nachtragsangebote zu.
Nach dem OLG Brandenburg ist zwar „grundsätzlich ein Schweigen auf ein Vertragsangebot nicht als stillschweigende Zustimmung des Angebotsempfängers zu werten“ (Urteil vom 12.05.2020, Az.: 12 U 141/21: https://gerichtsentscheidungen.brandenburg.de/gerichtsentscheidung/20463).
Das OLG Brandenburg entschied aber weiter: Schweigen kann als Zustimmung angesehen werden, wenn nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte ein Widerspruch des Angebotsempfängers erforderlich gewesen wäre. Der Geschäftspartner kann das Verhalten dann so verstehen, dass der Empfänger den Vertrag auf der Grundlage des Angebotes schließen will. Der Auftraggeber sollte zeitnah widersprechen, wenn er die Preise im Nachtragsangebot nicht gelten lassen will. Das ergibt sich aus der im Bauvertragsrecht geltenden Kooperationspflicht der Vertragsparteien. Voraussetzung ist dabei, dass das jeweilige Nachtragsangebot vor der Ausführung der Leistung bekannt war.
Was das Urteil für die Praxis bedeutet
Bereits das Oberlandesgericht Koblenz hat in seinem Urteil vom 28.02.2011 entschieden, dass eine stillschweigende Annahme von Nachtragsangeboten bei Abruf und widerspruchsloser Ausführung der angebotenen Leistungen anzunehmen sei (Az.: 12 U 1543/07).
„Wir empfehlen Unternehmern zu Beweiszwecken, dass Sie auf einen schriftlichen Auftrag bei Nachtragsangeboten behaaren. Nur so lassen sich die vertraglichen Grundlagen im Streitfall schnell und einfach nachweisen“, sagt Stefan Reichert, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht bei Ecovis in München.
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