Aktuell wird von verschiedenen politischen Akteuren eine Laufzeitverlängerung ins Spiel gebracht, die Unionsparteien wollen hierzu am kommenden Donnerstag einen entsprechenden Antrag in den Bundestag einbringen. Bisher war allerdings unklar, wie groß überhaupt der Nutzen von längeren AKW-Laufzeiten als Ersatz für Erdgas wäre. Laut den jetzt vorgelegten Energiemarkt-Modellierungen von Energy Brainpool hätte der Weiterbetrieb der drei noch am Netz verbliebenen deutschen Atomkraftwerke Isar II, Neckarwestheim II und Emsland nur einen minimalen Effekt, weil Gaskraftwerke im Strommarkt vor allem Spitzenlasten abdecken und dabei nur selten zum Einsatz kommen. Darüber hinaus werden Gaskraftwerke oftmals im Wärmebereich genutzt und passen ihre Produktion nicht an den Strommarkt an. Insgesamt ist das Einsparpotenzial für Gas über Veränderungen im Strommarkt aus diesen Gründen niedrig.
Den Berechnungen zufolge wurden 2020 in Deutschland insgesamt 875 Terawattstunden (TWh) Erdgas verbraucht. Ließe man alle drei AKWs im Jahr 2023 weiterlaufen, könnten sie zusammen maximal 8,7 TWh des Erdgasverbrauchs einsparen, was einem Prozent des angenommenen Jahresverbrauchs entspricht. Bei zwei AKWs wären es noch maximal knapp 5,5 TWh beziehungsweise 0,6 Prozent. Wenn nur eines der AKWs in Betrieb bliebe, reduziert sich der Effekt laut Energy Brainpool auf 3,1 TWh bzw. 0,4 Prozent der Verbrauchsmenge von 2020.
„Wir haben mit der historischen Verfügbarkeit der Kernkraftwerke gerechnet, vor dem Hintergrund einer so kurzfristigen Laufzeitverlängerung ist das ein Best-Case-Szenario“, ergänzt Fabian Huneke, Energieexperte bei Energy Brainpool. „Wenn die Kernkraftwerke insgesamt weniger Strom produzieren, reduziert sich natürlich auch das Einsparpotenzial.“ In der Modellierung zeigte sich: AKWs ersetzen vor allem Stromerzeugungen aus Braun- und Steinkohlekraftwerken und erhöhen die Stromexporte.
In Betrieb sind die drei noch laufenden Atomkraftwerke seit 1988 bzw. 1989, sie arbeiten im kommenden Jahr also seit 34 beziehungsweise 35 Jahren. Ihr Weiterbetrieb über das im Atomausstieg festgelegte Enddatum Ende 2022 wäre mit hohen Kosten verbunden, da den Meilern nicht nur Uranbrennstoff, sondern auch Personal und wichtige Sicherheitsüberprüfungen fehlen. Die Wahrscheinlichkeit zeitweiser Abschaltungen oder Drosselungen steigt mit den Betriebsjahren.
„Die Diskussion über eine Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken ist unverhältnismäßig, wenn in Betracht gezogen wird, dass hiermit kaum etwas erreicht würde. Wenn wir tatsächlich nennenswert Gas einsparen wollen, müssen wir dies im Wärmebereich tun“, so das Fazit von Sönke Tangermann. „Insbesondere gibt es eine Menge gasbefeuerter wärmegeführter Kraftwerke, wie etwa Blockheizkraftwerke, bei denen Strom nicht nachfrageorientiert produziert wird. Hier kann deutlich mehr Gas eingespart werden als durch eine Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke, die mittlerweile sowieso unrealistisch ist“, meint der Vorstand von Green Planet Energy.
Redaktioneller Hinweis: Ein Factsheet mit den Ergebnissen der Kurzanalyse von Energy Brainpool finden Sie im Anhang an diese Email. Weitere Fakten und Analysen von Green Planet Energy zur Debatte um AKW-Laufzeitverlängerungen finden Sie im Netz unter dem Hashtag #AdieuAtom und zusammengefasst unter gp.de/adieuatom.
Die Ökoenergiegenossenschaft Green Planet Energy zählt mit rund 30.000 Genossenschaftsmitgliedern und etwa 215.000 Strom- und Gaskund:innen zu den wichtigsten Ökoenergieanbietern in Deutschland. Das Unternehmen ist 1999 unter dem Namen Greenpeace Energy aus einer Stromwechselkampagne der Umweltschutzorganisation Greenpeace hervorgegangen und heißt seit September 2021 Green Planet Energy.
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