Während in den vergangenen zwölf Monaten im Schnitt rund 57.000 Elektro-Pkw (E-Pkw) pro Monat in Deutschland neu zugelassen werden, wuchs die Anzahl der öffentlich zugänglichen Ladepunkte wöchentlich nur um etwa 330. Um das Ziel von 1 Million Ladepunkten im Jahr 2030, das auch die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag ausdrücklich festgehalten hat, zu erreichen, wären jedoch rund 2.000 neue Ladepunkte pro Woche nötig. Die Ausbaugeschwindigkeit müsste also versechsfacht werden. Wird das aktuelle Ausbautempo nicht gesteigert, gibt es in Deutschland im Jahr 2030 gerade einmal rund 210.000 Ladepunkte – also lediglich ein Fünftel der angestrebten 1 Million.
In mehr als der Hälfte aller 10.796 Gemeinden in Deutschland gibt es, Stand 1. Mai 2022, zudem keinen einzigen öffentlichen Ladepunkt.
Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie: „Das Ziel der Bundesregierung von 15 Millionen Elektrofahrzeugen bis 2030 hat die Notwendigkeit eines ambitionierten Ausbaus der Ladeinfrastruktur weiter erhöht. Trotzdem geht der Ausbau viel zu langsam voran. Auch der für die Elektromobilität notwendige Ausbau der Stromnetze muss besser koordiniert werden. Wir brauchen deutlich mehr Tempo, wenn wir die Ziele erreichen wollen.“ Sie fordert: „Statt ihm hinterherzuhinken, muss der Ausbau dem Bedarf um zwei Jahre vorausgehen. Nur so kann das dringend benötigte Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in eine verlässliche und ausreichende Ladeinfrastruktur geschaffen werden. Und wir brauchen ein konsequentes Monitoring des Ziels von 1 Million Ladepunkten durch die Bundesregierung, denn nur dann kann im Bedarfsfall rechtzeitig nachgesteuert werden.“
Um die Ausbaugeschwindigkeit zu erhöhen, seien vor allem schnellere Planungs- und Genehmigungsprozesse nötig, so die VDA-Präsidentin. „Wir brauchen beim Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge eine Planungsbeschleunigung, die Automobilindustrie hat hierzu konkrete Vorschläge vorgelegt.“
Zudem müssten die Kommunen ihre Verantwortung für den Ausbau der Ladeinfrastruktur stärker als bisher wahrnehmen. Müller: „Die Kommunen kennen den konkreten Bedarf vor Ort am besten. Die Bürgermeister und Landräte müssen Ziele für den Aufbau definieren und die Umsetzung vorantreiben.“
Die Ergebnisse des VDA-E-Ladenetzrankings
Das VDA-E-Ladenetz-Ranking ist eine statistische Auswertung, die auf den amtlichen Daten des Kraftfahrt-Bundesamtes und der Bundesnetzagentur* beruht. Was hier gemeldet ist, findet Eingang in die Auswertung, die in drei Bereiche unterteilt ist:
Der T-Wert gibt an, wie viele E-Autos sich einen öffentlich zugänglichen Ladepunkt teilen müssen. Hier gibt es mit dem Landkreis Groß-Gerau (Hessen) einen neuen Spitzenreiter. Dort kommen auf einen Ladepunkt lediglich 4,8 E-Pkw. Salzgitter, vormaliger Spitzenreiter, findet sich auf Platz 6 wieder. Auf Platz zwei liegt Emden (vormals Rang 26), auf Platz 3 die Stadt Heilbronn (vormals Rang 11). Ein Blick auf die Bundesländer ergibt beim T-Wert folgende Reihenfolge: Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg. Auf Rang 6 liegt Schleswig-Holstein, es folgen Berlin und Niedersachsen. Die zweite Hälfte führt Bayern auf Rang 9 an. Dahinter: Brandenburg, Baden-Württemberg, Bremen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Saarland. Die Unterschiede zwischen den Bundesländern sind groß, natürlich gibt es aber auch strukturelle Unterschiede in den Bundesländern: Im führenden Sachsen kommen 13,8 E-Pkw auf einen Ladepunkt, im Saarland 28,1 E-Pkw.
Der A-Wert stellt die grundsätzliche Attraktivität des Ladenetzes im Landkreis oder in der Stadt dar. Dafür wird die Anzahl der öffentlich zugänglichen Ladepunkte ins Verhältnis zu sämtlichen im Landkreis oder in der Stadt zugelassen Autos gesetzt. Im A-Wert-Ranking hat die Stadt Wolfsburg ihren Spitzenplatz abermals verteidigen können. Der Landkreis Groß-Gerau folgt auf dem zweiten Rang. Auf Platz 3 liegt Ingolstadt.
Der S-Wert zeigt, wie viele E-Pkw sich statistisch betrachtet einen Schnellladepunkt teilen müssen. Schnellladepunkte sind besonders wichtig bei längeren Strecken oder wenn die Lade-Pause möglichst kurz sein soll, zum Beispiel beim Reisen oder Einkaufen. Bei der Schnellladeinfrastruktur ist eine statistische Auswertung auf Ebene der Bundesländer sinnvoll. Der Bundesdurchschnitt liegt beim S-Wert bei 146,1. Oder anders formuliert: In Deutschland kommen durchschnittlich 146,1 E-Pkw auf einen Schnellladepunkt.
Die ersten vier Plätze belegen hier mit Thüringen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern ausschließlich ostdeutsche Bundesländer. Es folgen mit Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Bremen fünf weitere Bundesländer, die ein besseres Verhältnis von Schnellladepunkten und E-Pkw haben als der Bundesdurchschnitt. Dem gegenüber kommen Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg, Berlin, Saarland, Nordrhein-Westfalen und Hessen mehr E-Pkw auf einen Schnellladepunkt als im Bundesdurchschnitt. Es zeigt sich: Auch bei der Schnellladeinfrastruktur sind die Unterschiede zwischen den Bundesländern groß. In Thüringen kommen 57,5 E-Pkw auf einen Schnellladepunkt, in Hessen sind es 209,1.
Besonders dynamisch verlief der Ladepunktausbau seit dem letzten VDA-E-Ladenetzrankings (Stand 1. Oktober 2021) beim T-Wert-Spitzenreiter Landkreis Groß-Gerau, der 736 Ladepunkte zubaute, in der Stadt Berlin, wo 455 neue Ladepunkte hinzukamen und im Landkreis Region Hannover. Dort kamen 279 neue Ladepunkte hinzu.
Im Anhang finden Sie zwei Datenblätter zu den jeweiligen Bundesländern mit den Spitzenreitern aller 13 Flächenländer sowie Rankings der Bundesländer untereinander für alle drei Werte mit weiteren Daten-Details.
*Das VDA-Ladenetz-Ranking basiert auf Daten der Bundesnetzagentur (BNetzA) zur Anzahl der Ladepunkte in deutschen Landkreisen und Städten mit dem Stichtag 1. April 2022 und des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) zum Pkw- und E-Pkw-Bestand, ebenfalls zum Stichtag 1. April 2022. Neuere Daten zum Pkw-Bestand liegen nicht vor.
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