Zum 30. Mal wurde heute Morgen auf dem Deutschen Logistik-Kongress in Berlin der Wissenschaftspreis Logistik 2021 verliehen. Die begehrte Auszeichnung geht in diesem Jahr an Dr. Pascal Notz für seine Dissertation „Präskriptive Analysen für datengesteuertes Kapazitätsmanagement“ am Lehrstuhl für Logistik und Quantitative Methoden in der BWL an der Universität Würzburg. In seiner Beschreibung erklärt der Preisträger, dass er neuartige Methoden entwickelt hat, die Machine Learning-Ansätze mit klassischer Optimierung kombinieren, um mithilfe großer Datensätze bessere Entscheidungen im Kapazitätsmanagement in der Logistik zu treffen. Die bereits heute bei Unternehmen vorhandenen Datensätze (historische Beobachtungen der Nachfrage sowie erklärende Variablen) bieten bislang ungenutzte Möglichkeiten, durch innovative, präskriptive Verfahren besser zu planen und damit Kosten zu senken. Die im Rahmen seiner Dissertation neu entwickelten Verfahren wurden in Zusammenarbeit mit den Projektpartnern Main-Post Logistik und Lufthansa Technik Logistik Services auf praktische Planungsprobleme angewendet und auf realen, historischen Daten evaluiert. Im Vergleich mit klassischen Ansätzen führten die präskriptiven Verfahren zu Performanceverbesserungen von bis zu 58%, was das Potential dieser neuartigen Verfahren aufzeigt. Dadurch kann beispielsweise direkt die optimale Bestellmenge oder Mitarbeiterkapazität bestimmt werden.

Die Jury zeigte sich beeindruckt von dem hohen wissenschaftlichen Niveau, dem hochaktuellen Thema, der neuartigen Methodenkombination sowie dem hohen Praxisbezug mit breiter Anwendungsmöglichkeit.

Die Laudatio

Prof. Dr. Wolfgang Kersten vom Institut für Logistik und Unternehmensführung an der TU Hamburg formulierte in seiner Laudatio: „Durch seine Innovations- und Anwendungs-orientierung fordert der Wissenschaftspreis den Gewinner dazu heraus, gänzlich neue Wege zu beschreiten, ohne die Möglichkeit zur praktischen Anwendung aus dem Auge zu verlieren. Genau dies hat unser Preisträger mit seiner Arbeit in herausragender Weise getan. Die richtige Planung von Personal-, Maschinen- und Transportmittelkapazitäten spielt in der Logistik eine entscheidende Rolle – denn es geht hier nicht nur um Kosteneffizienz, sondern immer auch um die Zufriedenheit der Kunden mit der erbrachten logistischen Leistung. Dabei entstehen komplexe Planungsprobleme unter Unsicherheit, bei denen in der Regel nicht einmal eine Wahrscheinlichkeitsverteilung bekannt ist. Zur Lösung orientiert sich Herr Dr. Notz in das noch junge Forschungsfeld „Predictive Analytics“ und nutzt für dieses für eine datengestützte Kapazitätsplanung. Im Kern wird auf Basis der verfügbaren historischen Daten eine mathematische Funktion gelernt, mit deren Hilfe dann ein Lösungsvorschlag für den Kapazitätsplan erzeugt wird. Hierzu nutzt er nicht etwa bereits vorhandene Verfahren, sondern entwickelt in seiner Arbeit zwei vollständig neue Verfahren des maschinellen Lernens. Die entwickelten Vorgehensweisen wendet er dann auf konkrete Planungsprobleme zweier renommierter Praxispartner an. Dabei kann er nachweisen, dass im Vergleich zu traditionellen Planungsverfahren Verbesserungen von teils mehr als 50 % möglich sind. Die entwickelte Vorgehensweise erlaubt eine weitgehende Automatisierung der Kapazitätsplanung, die auch auf andere Anwendungsfälle übertragbar ist. Um dabei die Akzeptanz der Planerinnen und Planer zu gewinnen, verfolgt Herr Dr. Notz die Idee der sogenannten „Explainable AI“, also der erklärbaren künstlichen Intelligenz. Er hat sein Verfahren so gestaltet, dass die Planenden genaue Informationen darüber erhalten, warum das Verfahren bestimmte Kapazitäten vorgeschlagen hat. So können die Planenden das Ergebnis letztlich zielgerichtet auf der Basis ihres Expertenwissens anpassen. Dass Dr. Pascal Notz seine Forschungsergebnisse in Management Science – der weltweit wohl meist geachteten wissenschaftlichen Zeitschrift auf dem Gebiet der Betriebs-wirtschaftslehre – publizieren konnte, zeigt, dass seine Ideen bereits internationale wissenschaftliche Beachtung finden.“

Die weiteren Finalisten

Nach einer Vorauswahl durch die Jury werden die besten Bewerber gebeten, mit einer Präsentation ihrer Arbeiten im Finale anzutreten – in 2021 hat das als digitales Pre-Event zum Deutschen Logistik-Kongress stattgefunden. Neben dem Preisträger gab es zwei weitere Finalisten. „Dynamische Steuerungsstrategien für innerbetriebliche Routenzugsysteme“ war das Thema von Dr.-Ing. Christian Lieb, betreut von Prof. Dr.-Ing. Johannes Fottner, Lehrstuhl für Fördertechnik Materialfluss Logistik an der TU München.

Zweiter Finalist war Jan Phillip Müller, betreut von Prof. Dr. Ralf Elbert, Fachgebiet Logistik and der TU Darmstadt. Er bewarb sich mit der Arbeit „Stochastischer Entwurf von Dienstleistungsnetzen für den intermodalen Gütertransport“.

Der Wissenschaftspreis Logistik ist in diesem Jahr mit Euro 5.000 für den Wissenschaftler dotiert und wird durch McKinsey & Company, Inc. unterstützt.

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