Publikation: Einfache Lernprozesse verknüpfen soziale Beobachtungen mit eigenen Erlebnissen
Reaktionen von anderen Menschen können einen starken Einfluss auf das eigene Handeln, Denken und Fühlen haben. Wenn eine Person beobachtet, dass eine andere Person in Gefahr ist, dann nimmt der Beobachter die Bedrohung auch für sich wahr. Die Beobachtung der Reaktion einer anderen Person kann sogar eigene, selbst erlebte, schmerzhafte Ereignisse wieder wachrufen. Das haben Forschende des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) und des Emotion Lab des Karolinska Instituts in Stockholm (Schweden) herausgefunden. In den Experimenten hatten die Probanden gelernt, dass ein selbst erlebter, schmerzhafter Reiz mit einem Signal assoziiert ist. Anschließend wurde das Signal ohne den schmerzhaften Reiz präsentiert und die Reaktionen (zum Beispiel Schwitzen an den Händen) auf das erlernte Bedrohungssignal ließen nach. Wurde nun eine andere Person gezeigt, die einen schmerzhaften Reiz erhielt, dann stiegen die Reaktionen auf das vorher erlernte Bedrohungssignal wieder an und die Probanden schwitzten zum Beispiel wieder an den Händen. In einer Kooperation mit der New York University wurden mithilfe von Experimenten im Tiermodell ähnliche Resultate gefunden, die den Ergebnissen im Menschen ähnlich sind.
„Unsere Untersuchungen zeigen, dass bereits einfache Lernprozesse eine Interaktion zwischen sozialen Informationen und eigenen Erlebnissen verarbeiten können, um Bedrohungen zu erkennen“, fasst Dr. Jan Haaker aus dem Institut für Systemische Neurowissenschaften des UKE die im Fachmagazin Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America veröffentlichten Ergebnisse zusammen.
Literatur: J. Haaker et al., Observation of others’ threat reactions recovers memories previously shaped by firsthand experiences. Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A. 118, e2101290118 (2021).
DOI: https://doi.org/10.1073/pnas.2101290118
Kontakt für Rückfragen: Dr. Jan Haaker, Institut für Systemische Neurowissenschaften
Publikation: Chemische Botenstoffe verstärken Netzwerkeffekte und exploratives Verhalten im menschlichen Gehirn
Moleküle aus der Gruppe der Katecholamine (Noradrenalin und Dopamin) und Acetylcholin modulieren die Kognition und spielen eine maßgebliche Rolle bei Erkrankungen des Gehirns. Allerdings war bisher nur wenig über die spezifischen Mechanismen bekannt, über welche diese Botenstoffe jeweils höhere Hirnfunktionen beeinflussen. Neue Forschungen aus dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) vermitteln nun Einblicke in diese Mechanismen. Durch die Messung großflächiger Hirnaktivität und neue Analysemethoden entdeckte die Forschendengruppe unerwartet drastische Unterschiede zwischen den Effekten von Katecholaminen und Acetylcholin auf das Wechselspiel zwischen Hirnregionen. Durch Computersimulationen neuronaler Netzwerke identifizierten die Forschenden die zugrundeliegenden neuronalen Mechanismen. Daraus konnten sie Vorhersagen für das Entscheidungsverhalten ableiten, welche sie schließlich in gesunden Versuchspersonen bestätigten. Die Ergebnisse hat das Team von Prof. Dr. Tobias Donner aus dem Institut für Neurophysiologie und Pathophysiologie des UKE in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins Science Advances veröffentlicht.
„Die Simulationen erklären unsere Messergebnisse durch die Verschiebung des Gleichgewichts zwischen neuronaler Erregung und Hemmung in der Großhirnrinde zugunsten der Erregung. Dies erzeugt scheinbar zufällige Schwankungen im Entscheidungsverhalten der Versuchspersonen und begünstigt so das Ausprobieren neuer Handlungsoptionen”, erklären Prof. Donner und der Erstautor der Studie Dr. Thomas Pfeffer. Ein solch exploratives Verhalten könnte insbesondere in unbekannten Umgebungen nützlich sein.
Literatur: Pfeffer, T., Ponce-Alvarez, A., Tsetsos, K., Meindertsma, T., Gahnström, C.J., Van den Brink, R.L., Nolte, G., Engel, A.K., Deco, G. & Donner, T.H. Circuit mechanisms for the chemical modulation of cortex-wide network interactions and behavioral variability. Science Advances. 2021.
DOI: https://doi.org/10.1126/sciadv.abf5620
Kontakt für Rückfragen: Prof. Dr. Tobias Donner, Institut für Neurophysiologie und Pathophysiologie
Publikation: Selbsthilfe-App zeigt in UKE-Studie Wirksamkeit bei Studierenden mit depressiven Symptomen
Weltweit sehen sich Hochschulen mit steigenden Raten von depressiven Symptomen unter Studierenden konfrontiert – mit negativen Folgen auf den Studienverlauf wie einem schlechteren Notendurchschnitt oder Studienabbruch. App-basierte Interventionen sind nach Ansicht der Arbeitsgruppe Klinische Neuropsychologie der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) ein erfolgsversprechendes Angebot, um die Gesundheit von Studierenden an deutschen Hochschulen zu verbessern, da sie mit einem geringeren Ressourcenaufwand (keine Psychotherapeut:innen notwendig, jederzeit ohne Wartezeit anwendbar, geringere Kosten für die Nutzer) zur Verfügung gestellt werden können.
Doktorandin Alina Bruhns hat gemeinsam mit Dr. Lara Bücker, Dr. Thies Lüdtke und Prof. Dr. Steffen Moritz eine Studie zur Wirksamkeit einer Pilotversion der Selbsthilfe-App COGITO in der Fachzeitschrift JMIR mHealth and uHealth veröffentlicht. Die kostenlose App – Download zum Beispiel möglich über die Website https://clinical-neuropsychology.de/cogito – basiert unter anderem auf Techniken der kognitiven Verhaltenstherapie und weiteren Verfahren (Akzeptanz, Achtsamkeit). Im Fokus steht das Erlernen von Techniken, um das eigene Denken besser wahrnehmen und verstehen zu lernen sowie ungünstige Verhaltensmuster zu durchbrechen. Die Selbsthilfe-App versendet tägliche Push-Nachrichten, damit die Nutzer die Übungen regelmäßig durchführen und enthält sogenannte Gamification-Elemente (z.B. Sammeln von Medaillen). Die App wird von der Arbeitsgruppe Klinische Neuropsychologie stetig weiterentwickelt und in andere Sprachen übersetzt (aktuell in zehn Sprachen verfügbar).
In der durchgeführten randomisiert-kontrollierten Studie zeigte sich, dass die Nutzung der App zu einer signifikanten Reduktion der depressiven Symptomatik sowie zu einer signifikanten Steigerung des Selbstwertes führt. Die Mehrheit der insgesamt 400 Teilnehmer:innen bewertete die App positiv und über 75 Prozent nutzten die App regelmäßig (mehrmals pro Woche). „Die App könnte regelhaft an Hochschulen als niedrigschwelliges Angebot eingesetzt werden“, so das Fazit von Erstautorin Alina Bruhns.
Literatur: Bruhns A, Lüdtke T, Moritz S, Bücker L, A Mobile-Based Intervention to Increase Self-esteem in Students With Depressive Symptoms: Randomized Controlled Trial, JMIR Mhealth Uhealth 2021;9(7):e26498
DOI: https://doi.org/10.2196/26498
Kontakt für Rückfragen: Dr. Lara Bücker, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Das 1889 gegründete Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) ist eine der modernsten Kliniken Europas und mit rund 13.600 Mitarbeitenden einer der größten Arbeitgeber in Hamburg. Pro Jahr werden im UKE rund 511.000 Patient:innen versorgt, 106.000 davon stationär und 405.000 ambulant. Zu den Forschungsschwerpunkten des UKE gehören die Neurowissenschaften, die Herz-Kreislauf-Forschung, die Versorgungsforschung, die Onkologie sowie Infektionen und Entzündungen. Über die Medizinische Fakultät bildet das UKE rund 3.400 Mediziner:innen und Zahnmediziner:innen aus.
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