Bauwerke, Industrieanlagen, Strassen, Autos, Benzin, Strom und unser aller Konsum: Was verbraucht die Schweiz pro Jahr? Wieviel davon wird exportiert oder entsorgt? Wieviel fliesst zurück in die Volkswirtschaft? Und welche Folgen hat das für die Umwelt? Für ein Forschungsteam der Empa-Abteilung «Technologie und Gesellschaft» war es eine komplexe Aufgabe, präzise Antworten auf diese Fragen zu finden. Eine jahrelange Fleissarbeit: Das Projekt MatCH («Material- and energy resources and associated environmental impacts in Switzerland») im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) startete im Jahr 2013 und erstreckte sich über mehrere Etappen. Der erste Teil erfasste sämtliche Material- und Energieströme im Bausektor; der Zweite deckte die Mobilität ab. Und Teil 3 widmete sich der Produktion und dem Konsum der übrigen Güter, die eingeführt, im Inland gewonnen und exportiert werden.
Betriebsmassen für ein ganzes Land
Dieses Datenmosaik fasst nun der vierte Teil zusammen: ein Synthesebericht als Momentaufnahme der Massen- und Energieflüsse für das Jahr 2018. Einige Kennzahlen daraus: Der inländische Materialkonsum beträgt netto pro Jahr 87 Millionen Tonnen: die nötige Masse, um die Schweizer Volkswirtschaft am Laufen zu halten – darin sind die Mengen, die durch Recycling wiederverwertet wurden, schon berücksichtigt. Beispiele für abfliessende Massen: 12 Millionen Tonnen gelangten in die endgültige Entsorgung; der Export belief sich auf 18 Millionen Tonnen.
Ein grosser Teil des zufliessenden Materials verbleibt im System – und lässt das «Lager», wie die Autoren der Studie den gesamten Bestand der Schweiz nennen, wachsen. Unter dem Strich steigt er pro Jahr – Stand 2018 – um 1,6 Prozent beziehungsweise um 52 Millionen Tonnen. Das Gesamtgewicht des «Materiallagers» der Schweiz: rund 3,2 Milliarden Tonnen.
Daten aus vielen Quellen
Um solche Daten ermitteln zu können, wertete das Empa-Team zahlreiche Quellen aus. In der Kategorie «Mobilität» lieferte unter anderen das Bundesamt für Statistik nützliche Informationen; bei «Konsum und Produktion» waren Daten der Eidgenössischen Zollverwaltung hilfreich. Und für das gebaute Inventar mitsamt Gebäuden und Verkehrswegen griffen die Fachleute auf frühere Studien zurück. Unter dem Strich gewährleisteten diese Daten laut den Empa-Forschenden eine gute Annäherung an die Realität, auch wenn sie die offiziellen statistischen Daten der Bundesbehörden nicht ersetzen.
Im Bausektor sind auch die aktuellen Verbrauchszahlen interessant: Fast die Hälfte des neu verwendeten Materials ist Beton – knapp 40 Millionen Tonnen jährlich. Der gesamte Bausektor kommt auf 62 Millionen Tonnen, während der Bereich «Produktion und Konsum» nur knapp 18 Millionen Tonnen verbraucht: ein Fünftel der insgesamt verbrauchten Masse.
Bei der Umweltbelastung nimmt die Studie insbesondere die Treibhausgasemissionen ins Visier. Herausragende Ursache ist der Treibstoffverbrauch mit knapp 25 Millionen Tonnen, ein Anteil von rund einem Viertel an den jährlichen Emissionen. Auf den nachfolgenden Rängen liegen Brennstoffe (knapp 20 Prozent), Nahrung für Menschen (mehr als 18 Prozent), Elektrizität (knapp 6 Prozent) und Stahl (knapp 5 Prozent). Allerdings tragen auch Textilien und Leder sowie chemische Grundstoffe mit je 4,5 Prozent einen nennenswerten Teil bei.
Der Einfluss des persönlichen Lebensstils
Ein besonderes Merkmal der Studie ist die differenzierte Betrachtung des Einflusses der Schweizer Bevölkerung. Neben Pro-Kopf-Verbrauchsdaten haben die Forschenden auch analysiert, wie sich der persönliche Handlungsspielraum beim Klimaschutz auswirken kann: Würden sich alle Einwohner so verhalten wie das Fünftel der hiesigen Bevölkerung mit dem vorbildlichsten Lebensstil, liessen sich die gesamten Treibhausgasemissionen der Schweiz um 16 Prozent reduzieren. Würden sich hingegen alle wie dasjenige Fünftel mit dem unökologischsten Lebensstil verhalten, stiegen die Emissionen um 17 Prozent an.
Synthese aus drei «MatCH»-Studien
Der Bericht «Material- und Energieflüsse der schweizerischen Volkswirtschaft» deckt die gesamte Volkswirtschaft der Schweiz ab und fasst die Berichte der MatCH-Trilogie «Bau» (2016), «Mobilität» (2017) und «Produktion & Konsum» (2018) zusammen.
Im Detail wurden 28 Konsumbereiche unterschieden und 18 Materialkategorien festgelegt, zu denen feste Materialien wie mineralische Rohstoffe, Metalle, Kunststoffe gehören, aber auch Nahrungsmittel sowie Brennstoffe, Treibstoffe und Elektrizität. Nicht eingerechnet ist der Rohstoff Wasser.
Die grenzüberschreitenden und Schweiz-internen Massenflüsse wurden als «inländischer Materialkonsum» ausgedrückt. Umweltbelastungen berechneten die Fachleute mit einem vereinfachten Ökobilanzansatz, der im Synthesebericht erläutert wird.
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