Am 8. Mai, also nach gut vier Monaten, hat die Schweiz das aufgebraucht, was sie gemäss den Berechnungen einer Non-Profit-Organisation für das gesamte Jahr zur Verfügung hätte. Von jetzt an leben wir «auf Vorschuss» und verbrauchen mehr, als uns zusteht. Damit gehört die Schweiz – wie die meisten Industriestaaten – weiterhin zu den grossen Umweltsündern.
Immer mehr Konsumenten wollen sich damit nicht mehr abfinden und fordern ein Umdenken. Auch wenn in den letzten Wochen andere Ängste und Sorgen im Vordergrund standen und die Diskussion ökologischer Themen in den Hintergrund gerückt ist, so ist sie nie versiegt. So zeigen aktuelle Zahlen aus der GfK COVID-19 Consumer Pulse Study, dass die Pandemie im April den meisten Personen die grössten Sorgen bereitet hat, doch an zweiter Stelle folgten auch in diesen Zeiten bereits Sorgen um Klimaerwärmung und Umweltverschmutzung.
Schweizer Konsumenten sind dabei durchaus bereits, selbst einen Beitrag zu leisten, fordern dies aber vor allem auch von Unternehmen. So verlangen 57% der Schweizer, dass sich Unternehmen und Marken umweltbewusst verhalten, bei den Frauen sind es gar 63%. Frauen fordern stärker als Männer, dass die Unternehmen einen respektvollen Umgang mit der Natur und mit natürlichen Ressourcen pflegen und sich für den Klimaschutz engagieren. Sie fühlen sich auch schuldiger als Männer, wenn sie etwas nicht Umweltverträgliches tun und sind eher bereit, persönliche Opfer für das Wohl der Erde zu bringen.
Interessanterweise sind es nicht nur die jungen Konsumenten, sondern insbesondere auch Personen ab 40 Jahren, welche die Unternehmen hier besonders in die Pflicht nehmen, und für die Umweltschutz und ein Leben in Einklang mit der Natur besonders wichtig sind.
Vor allem die älteren Generationen sind eher bereit, grünes Handeln durch persönliche Veränderungen zu unterstützen als jüngere Konsumenten, obwohl diese sich lautstark für den Klimaschutz einsetzen. Generell aber passen die Verbraucher ihr tatsächliches Konsumverhalten momentan noch wenig an. Die Gründe dafür sind vielfältig und ein grosser Teil der Konsumenten befindet sich aktuell in einem inneren Konflikt: grundsätzliches Bewusstsein der Problematik einerseits, aber gleichzeitig nur langsame Verhaltensänderung, wenn es ein Opfer der persönlichen Bequemlichkeit erfordert.
Für Hersteller und Händler ergibt sich hier eine einmalige Gelegenheit, die Konsumenten in dieser Konfliktsituation mit den richtigen Produkten und Services abzuholen und gleichzeitig eine starke emotionale Bindung aufzubauen. Entscheidend ist dabei, dass jede Öko-Kommunikation authentisch und transparent sein muss. Die Verbraucher sind zunehmend sensibel für Greenwashing und reagieren negativ, wenn sie das Gefühl haben, dass eine Marke sie mit einem clever formulierten Claim anspricht, sich aber als wenig realitätsnah herausstellt. Für Marken heisst das also, nicht planlos auf den Nachhaltigkeits-Zug aufzuspringen, sondern besonnen eine nachhaltige Strategie zu entwickeln, um ihren Beitrag zu leisten, den Swiss Overshoot Day in den nächsten Jahren nach hinten zu schieben.
Informationen zu den Studien
Die in diesem Artikel aufgeführten Daten stammen aus drei verschiedenen GfK Studien:
GfK COVID-19 Consumer Pulse Study: Studie zu Konsumentenverhalten, Einstellungen und Werten während des Corona- Lockdowns. Online-Befragung von je 500 Personen der Deutsch- und Westschweiz pro Woche während vier Wochen im April 2020.
GfK Consumer Life: globale, jährlich durchgeführte Studie der GfK zu Konsumentenverhalten, Einstellungen und Werten in mehr als 30 Ländern, darunter auch in der Schweiz. Online-Befragung von 1’000 Personen der Deutsch- und Westschweiz im Jahr 2019.
GfK Corporate Responsibility Study: Studie zur Bedeutung verschiedener sozialmoralischer Aspekte der Unternehmensführung auf Basis einer repräsentativen Befragung der Schweizer Bevölkerung. Online-Befragung von 3’500 Personen der Deutsch- und Westschweiz im Januar und Februar 2020.
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