Der Stromverbrauch in Deutschland hat sich seit dem Lockdown immer weiter vom erwartbaren Niveau entfernt, dies zeigen Daten aus dem IfW Corona-Datenmonitor. Der Stromverbrauch wird stark von der Industrieproduktion beeinflusst und deutet dort auf einen Einbruch seit dem Lockdown um rund 20 Prozent hin. Noch ausgeprägter sind die Rückgänge in Italien und Spanien. Eine kurzfristige Erholung zeichnet sich durch die jetzt beschlossenen Lockerungen noch nicht ab, wie das Beispiel Österreich zeigt.

Während der Zeit des harten Lockdowns vom 23. März bis zum 19. April lag der deutsche Stromverbrauch an Werktagen im Durchschnitt um 7,5 Prozent unter dem für diesen Zeitraum normalerweise zu erwartenden Wert, mit deutlich fallender Tendenz. Dies schätzt das Institut für Weltwirtschaft auf Basis amtlicher Daten mit Hilfe eines ökonometrischen Modells, das unter anderem langfristige Trends, saisonale Einflüsse, das Wetter und Feiertage berücksichtigt.

Seit den Lockerungen ab dem 20. April hat sich der Stromverbrauch wieder etwas erhöht und liegt nun im Durchschnitt 6,6 Prozent unter den Erwartungen. Am höchsten sind die Abweichungen an Arbeitstagen, dort lagen sie in der Spitze bei bis zu 13 Prozent in der Woche nach Ostern. An Wochenenden, wenn Betriebe normalerweise geschlossen haben, ist die Abweichung nur gering.

„Zwischen Industrieproduktion und Stromverbrauch besteht ein signifikanter Zusammenhang. Wenn die Stromnachfrage um ein Prozent unter das Normalniveau fällt, liegt die Industrieproduktion um circa 1,5 Prozent darunter. Wir müssen daher davon ausgehen, dass die Industrieproduktion seit Beginn des Lockdowns um etwa 20 Prozent geschrumpft ist“, sagte IfW-Präsident Gabriel Felbermayr anlässlich aktueller Zahlen aus dem IfW Corona-Datenmonitor.

Auch wenn der negative Trend der vergangenen Wochen nun gestoppt sein könnte, eine wirkliche Erholung in der Industrie zeichnet sich durch die Lockerungen noch nicht ab, darauf lässt die Entwicklung in Österreich schließen. Das Land ging etwa eine Woche vor Deutschland in den Lockdown und hat auch rund eine Woche früher erste Lockerungen zugelassen. Seitdem ist aber noch kein deutlicher Anstieg des Stromverbrauchs zu verzeichnen, er liegt gut 11Prozent unter dem Referenzwert. „Damit dürfte auch Österreichs Gesamtwirtschaft noch keine spürbare Belebung erfahren haben, für Deutschland ist dahingehend daher ebenso Skepsis angebracht“, so Felbermayr.

Sowohl in Italien als auch in Spanien, die europaweit die meisten Corona-Infizierten melden, fiel der Stromverbrauch noch deutlich stärker ab als in Deutschland. In Italien lag er Anfang April um 25 Prozent unter dem Referenzwert. In der Zwischenzeit hat er sich etwas erholt und liegt noch rund 12 Prozent darunter. In Spanien ist eine ähnliche Dynamik zu beobachten. In beiden Ländern erfolgte nach Ostern eine Erholung. Dennoch ist der Stromverbrauch immer noch sehr deutlich unter dem Normalniveau.

„Diese Zahlen aus der Stromverbrauchsstatistik legen nahe, dass Italien und Spanien sehr viel härter wirtschaftlich betroffen sind als Deutschland. Ein Grund dürfte sein, dass in Deutschland keine Fabriken geschlossen wurden, in Italien hingegen sehr wohl“, sagte Felbermayr.

Eine tiefergehende Analyse zum Zustand der deutschen Wirtschaft finden Sie im Kiel Policy Brief Deutschlands Wirtschaft seit dem Corona Lockdown.

Der Corona-Datenmonitor des IfW-Kiel zeigt laufend aktualisierte Indikatoren, die Rückschlüsse auf die wirtschaftliche Aktivität in Deutschland und Europa und die Ausbreitung der Pandemie ermöglichen. Er gibt damit Echtzeit-Hinweise, wie sich das Verhalten von Unternehmen und Menschen angesichts der einschneidenden Auflagen der Regierungen und möglicher Lockerungen verändert. Traditionelle Konjunkturindikatoren sind nur mit einem Nachlauf von mehreren Wochen verfügbar, die vom IfW-Kiel entwickelten Echtzeit-Indikatoren helfen, die gegenwärtige Situation besser beurteilen zu können. Der Corona-Datenmonitor wird regelmäßig aktualisiert.

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