Gut geschlafen? Ein Blick auf die App verrät es Ihnen. Mehr Bewegung in den Alltag integrieren und gesünder leben, häufig nur ein Vorsatz. Damit Taten folgen, sollen „Fitnessnessarmbänder“ oder „Aktivitätstracker“ und andere Geräte motivieren und zeigen, wie Pfunde purzeln.

Ein spontane Miniumfrage im Bekanntenkreis lässt erkennen – über die Nutzung streiten sich die Geister: Manche Menschen möchten sich möglichst gut kennen(-lernen) und andere empfinden es als unnötig oder im schlechtesten Fall als Belastung. Einen Blick hinter das subjektive Empfinden Einzelner haben die Forscher am Informatikinstitut OFFIS in den letzten Jahren vorgenommen. Es wurden Studien durchgeführt, die das „Warum“ und das „Wie“ in der Nutzung von derartigen Trackern näher analysieren.

So haben die OFFIS-Forscher die qualitativen Daten zur allgemeinen Tracker-Nutzung, periodische Änderungen und die Gesamtveränderungen im Laufe der Zeit von über 100 Personen über einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren analysiert und in mehreren, teilweise noch unveröffentlichten Studien[1] [2][3][4][5][6] genauer hingeschaut. Im Folgenden einige Auszüge der Analyse.

Wer sind die Benutzer?

Das Durchschnittsalter liegt deutlich über 40 Jahren, es sind also nicht nur die sportlichen 20jährigen, wie man im ersten Moment glauben könnte. Eine grundsätzliche Offenheit für Technik bei den Nutzern ist wichtig. Technik-interessierte Nutzer scheinen eher bereit zu sein, einen Tracker zu verwenden, denn die erstmalige Installation von Software auf dem Smartphone oder dem PC ist eine Hürde, die zwar klein ist, aber doch genommen werden muss.

Wie werden die Tracker eingesetzt?

Es gibt einige „Power User“ die ihren Tracker über viele Monate hin jeden Tag von morgens bis abends nutzen. Ein Großteil der Anwender hat jedoch ein sporadischeres Nutzungsverhalten, das sich in viele verschiedene Verhaltensmuster unterteilen, beispielsweise:

  • Manche nutzen ihn für einige Tage und lassen ihn dann für einige Tage liegen – hier scheint der Wunsch im Vordergrund zu stehen, eine Belohnung für ein gutes Verhalten in Form einer hohen Schrittzahl auf dem Tracker zu sehen.
  • Andere machen längere Pausen, holen den Tracker aber regelmäßig für ein paar Tage wieder hervor – das deutet darauf hin, dass die subjektive Empfindung über das eigene Verhalten mit einer objektiven Messung bestätigt werden soll.
  • Und wieder andere nutzen den Tracker nur wenige Wochen und lassen ihn dann liegen – hier haben die Nutzer keinen Wert aus der Nutzung gefunden.
  • Es gibt also nicht die einzig richtige Art, einen Tracker zu nutzen, sondern jeder Nutzer hat seine eigene Art und Weise.

Sind die Tracker nützlich?

Es steht nicht nur die Förderung der körperlichen Aktivität bei der Nutzung im Vordergrund. Viele Anwender möchten ihr eigenes Verhalten besser verstehen und Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Werten, wie beispielweise der Aktivität und dem Gewicht, erkennen. Die gesammelten Daten können sehr hilfreich sein, um anstehende Entscheidungen mit Bedeutung für die eigene Gesundheit zu unterstützen. Für den einen ist es der letzte Anstoß, um sich endlich einen Hund anzuschaffen und so regelmäßig raus zu kommen und andere nehmen die Auswertungen sogar zum Anlass, die nicht nur ungeliebte, sondern auch ungesunde Arbeitsstelle zu wechseln. Und als Teil der eigenen, persönlichen Gesundheitsakte können die Werte in Zukunft womöglich wichtige Hinweise auf Gesundheit und Krankheit geben.

Was können die Tracker wirklich?

Fast alle Aktivitätstracker versprechen, auch den Schlaf messen zu können. Dazu werden sie am Arm getragen und messen die nächtliche Bewegung. Das klappt tatsächlich zwar überraschend gut, nur komfortabel und praktikabel ist das kaum. Wer sich für die Messung des Schlafes interessiert, sollte auf spezielle andere Geräte zurückgreifen, bei denen dünne Mess-Streifen oder -matten auf die Matratze geklebt oder darunter gelegt werden, so dass sie nicht als störend wahrgenommen werden, wenn sie Schlafdauer und –tiefe messen. Zusätzlich werden weitere Werte gemessen wie die nächtliche Ruhe-Herzfrequenz – für Sportler ein wichtiges Maß für Fitness – aber auch die Veränderung der Atem-Frequenz – sie kann für manche chronisch Kranke ein wichtiges Warnsignal sein.

Natürlich gibt es auch für alle „klassischen“ Gesundheitswerte mittlerweile vernetzte Geräte, zum Beispiel für Gewicht, Körperfettanteil, Blutdruck oder Blutzucker. Messergebnisse werden so automatisch gespeichert, das Führen von Tagebüchern entfällt, Fehl-Erfassungen werden verringert, und langsame Veränderungen wie eine schleichende Gewichtszunahme, werden über die Zeit erkennbar.

Und – werde ich fitter?

Zunächst einmal ist ein Aktivitätstracker nur ein Werkzeug von vielen möglichen. Und einfache Schrittzähler gibt es schon lange für wenige Euro zu kaufen. Allerdings kommt durch die Verbindung mit Apps und Web-Diensten – und der damit einhergehenden Datenerfassung – tatsächlich eine neue Qualität hinzu. So werden Veränderungen und Zusammenhänge deutlich und sichtbar. Ob das beim Nutzer etwas bewirkt, ob er sich deswegen mehr bewegt, hängt jedoch von vielen Faktoren ab:

  • Einer der wesentlichen ist, ob der Nutzer überhaupt eine Veränderung herbeiführen will. Wenn nein, dann wird auch ein Tracker nichts nützen. Durch einen Tracker alleine wird eine Couch Potatoe also nicht zum Marathonläufer.
  • Wenn die Bereitschaft jedoch grundsätzlich da ist, kann die objektive Messung aber sehr wohl dazu führen, dass das Verhalten auch geändert wird. Das vorgegebene Ziel, zum Beispiel 10.000 Schritte am Tag zu gehen, wird vor allen Dingen dann angestrebt, wenn es vom heutigen Verhalten zwar ein bisschen, aber nicht zu weit entfernt ist. Ambitionierte, aber realistische Ziele sind also hier ein wichtiger Punkt. Und auch wer das Ziel erreicht hat, freut sich, wenn er vom Tracker regelmäßig die Belohnung für ein gutes Verhalten bekommt.


Fazit

Aktivitätstracker sind sicher keine Wunderwaffe gegen Bewegungsmangel und Übergewicht. Ob sie etwas bewirken, liegt zunächst einmal am Nutzer und seiner Bereitschaft, eine Wirkung zuzulassen. Doch dann sind sie zweifellos höchst nützliche Werkzeuge für die eigene Gesundheit und das eigene Wohlergehen.

Weiterführende Informationen:

1. Jochen Meyer, Elke Beck, Merlin Wasmann, and Susanne Boll. 2017. Perceptions of Long Term Monitoring to Support Wellbeing. The Lotus Study. In in preparation for: PervasiveHealth.
2. Jochen Meyer, Wilko Heuten, and Susanne Boll. 2016. No Effects But Useful ? Long Term Use of Smart Health Devices. In Ubicomp/ISWC’16 Adjunct. http://doi.org/…
3. Jochen Meyer, Wilko Heuten, Jochen Schnauber, and Susanne Boll. 2016. Langzeitnutzung vernetzter , persönlicher Gesundheitsgeräte Long term use of smart health devices. In VDE-Kongress.
4. Jochen Meyer, Jochen Schnauber, and Wilko Heuten. 2016. Long Term Use of Smart Health Devices for Supporting Healthy Living Early Findings from the Lotus Study. In Adjunct proceedings of 11th International Conference on Persuasive Technology, 26–29.
5. Jochen Meyer, Jochen Schnauber, Wilko Heuten, et al. 2016. Exploring Longitudinal Use of Activity Trackers. In Procedings of IEEE ICHI – International Conference on Healthcare Informatics, 198–206. http://doi.org/…
6. Jochen Meyer, Merlin Wasmann, Wilko Heuten, Abdallah El Ali, and Susanne Boll. 2017. Identification and Classification of Usage Patterns in Long-Term Activity Tracking. In CHI ’17 Proceedings of the SIGCHI Conference on Human Factors in Computing Systems.

Über OFFIS – Institut für Informatik

OFFIS ist ein 1991 gegründetes, international tätiges Forschungs- und Entwicklungsinstitut für ausgewählte Informatik-Technologien und praxisrelevante IKT-Forschungsbereiche. In durchschnittlich 70 laufenden Forschungs- und Entwicklungsprojekten leistet OFFIS mit seinen rund 250 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen Forschung und prototypische Entwicklungsarbeit auf höchstem internationalem Niveau in den Bereichen Energie, Gesundheit und Verkehr. Dabei kooperiert OFFIS mit weltweit über 600 Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft.

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